FPÖ ringt um Anerkennung für Historiker-Bericht

APA/HANS KLAUS TECHT
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Israelische Wissenschafter sollen sich weigern, den Bericht über die FPÖ-Geschichte zu „autorisieren“. Auch Burschenschaften sind angeblich nicht an einer Kooperation interessiert.

Die Veröffentlichung des Historiker-Berichts zur Geschichte der FPÖ verzögert sich weiter. Ein Grund dafür soll fehlende Unterstützung durch unabhängige Experten sein. Es sei bisher erfolglos versucht worden, den Bericht von israelischen Wissenschaftern fachlich anerkennen zu lassen, hieß es am Donnerstag.

Eingesetzt wurde die FPÖ-"Historikerkommission" im Frühjahr 2018 in Folge der "Liederbuchaffäre" in der Burschenschaft "Germania zu Wiener Neustadt" (u.a. wegen des Textes "Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million"). Mitglied der Burschenschaft war auch der deswegen zurückgetretene und mittlerweile in die Politik zurückgekehrte FPÖ-Spitzenkandidat bei der niederösterreichischen Landtagswahl, Udo Landbauer.

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Die Leitung der Kommission übernahm der frühere FPÖ-Politiker Wilhelm Brauneder. Er setzte im Februar 2018 eine "Referenzgruppe" ein, der unter anderem Ehrenparteichef Hilmar Kabas, die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller sowie Parteiideologe Andreas Mölzer angehören. Auch sieben Historiker waren laut Brauneder an der Kommission beteiligt. Im Dezember des vergangenen Jahres soll bereits ein erster Zwischenbericht vorgelegen sein.

Auf der Suche nach einem "Koscher-Stempel"

Wie Mölzer zuletzt bekanntgab, soll der Endbericht im Großen und Ganzen fertig sein. Mehr als 1000 Seiten sollen bereits vorliegen. An die Öffentlichkeit soll er dennoch eine Zeit lang noch nicht gelangen: Hatte es zuerst geheißen, man wolle die EU-Wahl abwarten, stellte der designierte FPÖ-Chef Norbert Hofer eine Präsentation noch vor der politischen Sommerpause in Aussicht. Mölzer betonte Anfang Juli dann, es gebe "Terminschwierigkeiten wegen Urlaub und Wahlkampf".

Gründe für das Abwarten dürften aber auch andere sein. Es gehe darum, sich einen "Koscher-Stempel" durch einen unabhängigen Wissenschafter aus Israel zu besorgen, sagte ein Freiheitlicher, also eine auch medienwirksame fachliche "Autorisierung". Angeblich haben sich nun zwei Personen bereit erklärt, ihre Unterschrift unter das Konvolut zu setzen. Widerstand soll es hier allerdings "von österreichischer Seite" geben, berichtete ein Freiheitlicher, ohne genauer darauf einzugehen.

Burschenschafter auf Abstand, Hofer muss entscheiden

Die Erwartungen an den Bericht sind jedenfalls groß. Anfang April hatte Brauneder versichert, auch Kontakte der FPÖ zur rechtsextremen Identitären Bewegung zu beleuchten. Wie mehrere Freiheitliche bestätigten, hapere es aber bei einem anderen Aspekt: Dem in den vergangenen Jahren wieder zugenommenen Einfluss deutsch-nationaler Verbindungen innerhalb der FPÖ. Die meisten Burschenschaften hätten schlicht kein Interesse an einer Zusammenarbeit.

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wundert das nicht. Die Beleuchtung der schlagenden Verbindungen sei ohnehin nie Ziel gewesen, sagte er. Es handle sich zudem um privatrechtliche Vereine, bei denen man kein Durchgriffsrecht habe. "Wir wollen uns mit der Partei beschäftigen", meinte er. Dass eine "internationale Prüfung" angestrebt sei, bestätigte Hafenecker. Ob es sich dabei um israelische Wissenschafter handeln soll oder nicht, ließ er offen.

Nun wird innerhalb der Kommission bzw. der Referenzgruppe diskutiert, ob man schon den nur zum Teil fertiggestellten Bericht veröffentlichen soll oder nicht. Dabei hätten die Befürworter einer früheren Präsentation die Mehrheit. Die Entscheidung darüber liegt aber ohnehin ganz bei Parteichef Hofer. Dieser hatte zuletzt von einer Präsentation Anfang August gesprochen.

Liederbuch-Affäre

In dem 300 Seiten starken Liederbuch der Verbindung "Germania zu Wiener Neustadt“ sind unter anderem diese Zeilen abgedruckt: "Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'" Und an anderer Stelle: "Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines': 'Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'"

(APA/Red)

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