Flughafen-Wien-Chef: CO2-Thema auch ohne Fliegen nicht gelöst

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Der Flughafen will bis 2030 CO2-neutral sein. Seit 2011 konnte der Gesamtenergieverbrauch bereits um 40 Prozent reduziert werden.

Der Flughafen Wien in Schwechat will bis 2030 trotz weiteren Wachstums CO2-neutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, werde konsequent am Öko-Programm gearbeitet, betonte Vorstandsdirektor Günther Ofner am Mittwoch in einem Pressegespräch. Er forderte dabei auch den raschen Ausbau der Hochleistungsbahn in Richtung Bratislava.

Der Flughafen Wien habe seinen Gesamtenergieverbrauch seit 2011 um mehr als 40 Prozent pro Verkehrseinheit (ein Passagier oder 100 Kilo Luftfracht, Anm.) verringert, erinnerte Ofner. Die CO2-Emissionen hätten damals 46.081 Tonnen betragen, 2019 würden 20.402 Tonnen erwartet.

Ausbau der E-Flotte

Die Energieeffizienz weiter verbessern will der Airport laut dem Vorstandsdirektor u.a. mit dem zentralen Optimierungs- und Steuerungstool "Smart Airport City". Die intelligente Software komme in mehr als 150 Objekten und Anlagen auf dem Flughafen zum Einsatz. Mit dem Sommerflugplan 2020 werde ein Lärmgebührenmodell eingeführt, das es auch in München, Frankfurt, Zürich oder London Heathrow schon gebe. Airlines sollen dadurch motiviert werden, leisere Maschinen in Richtung Wien einzusetzen. Die Photovoltaik in Schwechat werde auf vorerst 23.700 Quadratmeter erweitert. Im August gehe die vierte derartige Anlage in Betrieb, die Planungen für eine fünfte seien im Gange.

Weiters kündigte Ofner den Ausbau der aktuell aus mehr als 380 E-Fahrzeugen bestehenden E-Flotte auf dem Flughafen an. Das größte Potenzial, um Treibstoff und damit CO2 einzusparen, liege vor allem darin, Nutzfahrzeuge für die Abfertigung elektrisch zu betreiben. Entsprechende Tests seien im Gange, die Anschaffung von etwa 40 E-Passagierbussen stehe unmittelbar bevor. Dafür investiere der Flughafen Wien bis 2020 mehr als 30 Mio. Euro. Durch neue E-Fahrzeuge soll sich der Dieselverbrauch auf dem Airport um mindestens eine Mio. Liter pro Jahr reduzieren. Ein Thema sei auch, den Taxiverkehr aus Wien auf E-Mobilität umzustellen.

Priorität für Hochleistungsbahn nach Bratislava

Als "besonders wichtig" bezeichnete es Ofner, den Ausbau der Hochleistungsbahn über den Flughafen hinaus nach Bratislava voranzutreiben. Das würde die Ostautobahn (A4) massiv entlasten und somit "die Verkehrssituation dramatisch positiv beeinflussen". Es sei "undenkbar", dass man diese Bahn erst 2035/36 zur Verfügung habe, so der Vorstandsdirektor. "15 Jahre warten geht nicht."

Eine "große Aufgabe" für die Politik werde es zudem sein, das vor bereits 20 Jahren beschlossene Konzept für den einheitlichen europäischen Luftraum (Single European Sky) im Bereich der Luftverkehrskontrolle endlich umzusetzen. Das würde nicht nur den Kerosinverbrauch reduzieren, wobei Ofner von mehr als zehn Prozent sprach, sondern auch Verspätungen und Staus minimieren.

Luftfahrt steht für 2,7 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen

Nicht zuletzt verwies der Vorstand darauf, dass die Luftfahrt nur etwa ein Zehntel der weltweiten Verkehrs-CO2-Emissionen - 2,7 Prozent von gesamt 21 Prozent (diese Zahl ist exklusive Luftfahrt zu sehen, Anm.) - erzeuge. In Europa seien 27 Prozent auf den Verkehr zurückzuführen, jedoch lediglich 0,5 Prozent aufs Fliegen. In Österreich würden 36 Prozent der CO2-Emissionen durch Verkehr verursacht, jedoch nur rund 0,2 Prozent durch die Luftfahrt. Das CO2-Thema wäre somit selbst dann "nicht gelöst, wenn ab morgen weltweit kein Flugzeug mehr startet", sagte Ofner.

Der Flughafen Wien wolle dennoch "mit gutem Beispiel" vorangehen und werde ab sofort alle dienstlichen Flüge durch den Kauf von CO2-Zertifikaten kompensieren. Diese Möglichkeit stehe allen offen, die wegen des CO2-Verbrauchs Bedenken hätten, erinnerte Ofner. Sie werde bisher freilich von nicht einmal einem Prozent der Passagiere genützt.

(APA)

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