Über die Unsitte der Adult-only-Hotels. Und warum französische Eltern mehr nerven als ihre Kinder.
Wie hier jüngst zu lesen war, sind Adult-only-Hotels salonfähig geworden. Ich ergänze: in meinem Salon nicht – und bleibe dabei, familienfeindliche Beherbergungsbetriebe auch ohne Kind im Gepäck zu boykottieren. Nur in Frankreich könnte ich schwach werden. Das liegt nicht am dortigen Nachwuchs, sondern an dessen Eltern: So schlimm, wie die nerven, können Kinder gar nie sein.
„Leise!“ „Langsam!“ „Sei endlich vernünftig!“ „Wie kannst du so etwas tun? Du weißt doch, dass...“ – diese Belehrungen bekommt auch das nicht adressierte Umfeld lautstark um die Ohren geknallt. Meist im leicht hysterischen Tonfall moralischer Entrüstung, den wir von Luis de Funès kennen. Das Absurde daran: Die im Dauerfeuer der Kritik Stehenden sind oft nicht älter als zwei, drei Jahre.
Könnt ihr Franzosen eure Kinder nicht ein wenig rumalbern, Unfug machen, Kind sein lassen? Müsst ihr sie schon in jüngsten Jahren zu kleinen Erwachsenen dressieren? Und eure Sitz-, Liege- oder Zimmernachbarn dazu zwingen, euren Leistungen als Dompteure rund um die Uhr akustisch beizuwohnen?
Wobei ich ja zugebe: Das Ergebnis beeindruckt. Es ist kein Zufall, dass man in Frankreich schon Zwölfjährige siezt. Oder dass sich Zehnjährige an vielgängigen Gourmetmenüs delektieren. Dazu führen sie den ganzen Abend lang artig Konversation, ohne ein einziges Mal auf ihre Handys zu schauen. Auch in diesem Stadium nerven die Eltern, wenn auch subtiler: Sie beschämen ihre ausländischen Pendants am Nebentisch. Da bleibt nur noch das „Foreigners only“-Hotel.
Nächste Woche: Gabriel Rath
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2019)