Die Anfrage der USA nach einer deutschen Beteiligung an einem Einsatz am Golf stößt in Berlin weitgehend auf Ablehnung. Offener ist man dagegen für eine europäische Schutzmission.
Berlin/Washington. So richtig abgestimmt war die Antwort der Koalitionspartner nicht. Während Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und eine deutsche Regierungssprecherin am Mittwoch versicherten, Berlin werde sich nicht an einem von den USA angeführten Militäreinsatz zum Schutz von Frachtschiffen in der Straße von Hormuz beteiligen, äußerte sich Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zurückhaltender: Die Frage einer Beteiligung sei noch nicht abschließend entschieden. Gleichzeitig machte aber auch sie den USA wenig Hoffnungen, dass Berlin zusagen werde.
„Wir prüfen zurzeit in enger Absprache mit Großbritannien und mit Frankreich diese Anforderungen“, sagte Kramp-Karrenbauer bei ihrem Nato-Antrittsbesuch in Brüssel. Sie verwies auch auf die Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und den Europäern mit Blick auf den Atomdeal mit dem Iran. Auch dieser Aspekt werde in die Entscheidung einfließen.
Vizekanzler Scholz hatte zuvor klargemacht, dass er einen Einsatz unter Führung der USA ablehnt – und es sei sein Eindruck, dass die Große Koalition auf dieser Linie sei. „Deutschland muss alles tun, um eine weitere Eskalation im Persischen Golf zu verhindern“, sagte der SPD-Politiker. „Das Ziel von allen verantwortungsvollen Politikern muss es sein, sehr nüchtern und überlegt die Lage zu beobachten und nicht schlafwandelnd in eine noch größere Krise zu geraten.“
„Keinen Beitrag angeboten“
Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer hatte erklärt, auf die Anfrage aus Washington habe man zurückhaltend reagiert „und keinen Beitrag angeboten“. Priorität hätten Diplomatie und Deeskalation. Die Beteiligung an einem US-Einsatz würde dieses Anliegen gefährden. Viele Politiker in Berlin befürchten, dass Deutschland mit einer Beteiligung an einer US-Mission angesichts der konfrontativen Haltung Washingtons in militärische Aktionen hineingezogen werden könnte.
Wesentlich aufgeschlossener zeigt sich die deutsche Regierung nach Medienberichten dagegen für eine europäische Schutzmission für Frachtschiffe am Persischen Golf, wie es die aus dem Amt geschiedene britische Regierung vor mehr als einer Woche vorgeschlagen hatte. Ein europäischer Militäreinsatz zum Schutz der Seerouten sei noch nicht vom Tisch, sagte der Transatlantik-Koordinator der Berliner Regierung, Peter Beyer (CDU). Er verwies darauf, dass auch vier bis sechs deutsche Schiffe pro Woche die Straße von Hormuz passierten. Deutschland könne da nicht wegschauen.
Vertreter der amerikanischen und britischen Streitkräfte wollten am Mittwoch in Bahrain mit „mehreren internationalen Partnern“ über den Einsatz militärischer Mittel zum Schutz von Tankern beraten. Anlass ist die Festsetzung eines britischen Tankers durch den Iran nach der Festsetzung eines iranischen Tankers im britischen Gibraltar.
Unterdessen verzichten die USA laut einem Bericht der „Washington Post“ vorerst auf weitere Sanktionen gegen den Iran. Das US-Finanzministerium habe um mehr Zeit gebeten, um die Auswirkungen möglicher Strafen gegen Firmen aus Russland, China und der EU zu prüfen. (APA/Reuters/dpa)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2019)