Risse in der Front gegen den Iran

Überraschung am Persischen Golf: In der Konfrontation zwischen den USA und dem Iran suchen die Vereinigten Arabischen Emirate das Gespräch mit Teheran.

Tunis. „Das B-Team schrumpft“, twitterte Irans Außenminister, Javad Zarif. Hinter der Anspielung verbirgt sich eine Wende in der Konfrontation zwischen den USA und dem Iran. Als „B-Team“ titulierte der Teheraner Chefdiplomat bisher die vier härtesten Feinde der Islamischen Republik – US-Sicherheitsberater (John) Bolton, Israels Premier Bibi (Netanjahu), den saudischen Kronprinzen (Mohammed) Bin Salman sowie den emiratischen Thronfolger (Mohammed) Bin Zayed.

Doch die Phalanx der Iran-Gegner zeigt erste Risse, der starke Mann von Abu Dhabi schert aus der Reihe. Erst ließ Mohammed bin Zayed den Abzug seiner Elitetruppen aus dem Jemen verkünden, was vom saudischen Königshaus als Verrat empfunden wird. Dann machten Meldungen die Runde, eine Delegation der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sei zu Gesprächen nach Teheran gereist, an denen auch die Revolutionsgarden teilnehmen. Gleichzeitig traf sich der Chef der emiratischen Küstenwache erstmals seit 2013 wieder mit seinem iranischen Amtskollegen, um über die Sicherheit in der Straße von Hormuz zu sprechen.

Angst vor Krieg und Einbußen

Dem emiratischen Herrscherhaus ist offenbar nach dem Abschuss einer US-Drohne durch die Revolutionsgarden und dem Beinahe-Gegenschlag der USA am 20. Juni der Schreck in die Glieder gefahren. Abu Dhabi will den Machtradius der Islamischen Republik begrenzen, aber keinen Krieg in der Region riskieren. Zudem fürchtet die VAE-Führung, US-Präsident Donald Trump könnte erst eine militärische Konfrontation vom Zaun brechen, dann aber mit Blick auf seine Wiederwahl 2020 das Kämpfen Saudiarabien und seinen kleinen, hochgerüsteten Golfpartnern zuschieben.

Gleichzeitig treffen die US-Sanktionen die VAE-Wirtschaft besonders hart, weil in Dubai 70.000 iranische Geschäftsleute ansässig sind und über den dortigen Großhafen die Importe für ihr Land organisieren. Im vergangenen Jahr lag das Volumen noch bei 17 Milliarden Euro. Seit Anfang des Jahres ist der Handel um die Hälfte eingebrochen.

Und so war es bei dem eilig einberufenen Krisentreffen in Abu Dhabi nach dem iranisch-amerikanischen Drohnenduell vor allem der Emir von Dubai, Mohammad bin Rashed al-Maktoum, der verlangte, die Emirate müssten ihre gesamte Außenpolitik auf den Prüfstand stellen und aufhören, sich in die Angelegenheiten anderer Nationen einzumischen.

Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu weiter berichtete, die sich auf einen ungenannten Teilnehmer berief, schloss er seine Philippika mit der Warnung: „Wenn Washington Teheran angreift, wird der Iran antworten, indem er auf die VAE und Saudiarabien zielt – entweder direkt oder durch die Houthis.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2019)

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