Die Brasilianer leiden schon jetzt unter den Auswirkungen der Feuer. Die G7-Staaten wollen mit 20 Millionen Dollar helfen. Frankreichs Präsident Macron ist weiter Ziel von Attacken seines brasilianischen Kollegen Bolsonaro.
Dichter schwarzer Rauch liegt wie eine Decke über Rondonia. Der nordbrasilianische Bundesstaat gehört zu den Gebieten, die von den derzeitigen zahlreichen Feuern im Amazonas-Gebiet am schwersten betroffen sind. "Unser alltägliches Leben wird durch den Rauch zu 100 Prozent in Mitleidenschaft gezogen", sagte die 25-jährige Welis da Claiana, die in Rondonias Hauptstadt Porto Velho lebt.
"Wir wachen vom Einatmen des Rauchs völlig erledigt auf", berichtete die junge Frau. So leiden die Brasilianer unabhängig von den langfristigen Klima-Folgen schon jetzt akut unter den Amazonas-Bränden. In vielen Gebieten von Rondonia bietet sich ein trauriges Bild. Verkohlte Baumstümpfe umgeben von Asche, in einigen Waldgebieten steht nach den Feuern nur noch ein einzelner Baum.
"Ich lebe hier seit 20 Jahren und ich habe viele Feuer gesehen", sagt da Claiana. "Aber so einen Rauch wie in den vergangenen Tagen habe ich noch nie erlebt." Zwischenzeitlich war das Haus der jungen Frau von Bränden eingeschlossen. Da Claiana hielt Fenster und Türen geschlossen, damit der Rauch nicht in ihre Wohnung dringt. Dennoch musste sie ihre Tochter wegen Atemproblemen ins Krankenhaus bringen.
Wirtschaftliches Potenzial statt Klimaschutz
Es sind die schwersten Waldbrände im Amazonas seit Jahren. Nach jüngsten Angaben des brasilianischen Forschungsinstituts Inpe gab es in Brasilien seit Jahresbeginn 79.513 Feuer, davon mehr als die Hälfte im Amazonas-Gebiet. Allein seit Freitag seien 1130 neue Brandherde dazugekommen, hieß es. Die Umweltorganisation WWF warnt, dass die Brände im Amazonas-Gebiet obendrein die Artenvielfalt bedrohen: Schließlich sei der dortige Regenwald Heimat von hunderten bedrohten Tier- und Pflanzenarten.
Die meisten Brände werden von Farmern gelegt, um neue Weideflächen für ihr Vieh zu schaffen, sagen Umweltschützer. Befeuert würden sie in ihrem Tun durch den rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro: Er habe ein politisches Klima geschaffen, in dem sich die Bauern zu immer mehr Abholzung und Brandrodung ermutigt sehen.
Der Staatschef hat immer wieder klar gemacht, dass er die Amazonasregion vor allem mit ungenutztem wirtschaftlichen Potenzial verbindet. Auf Warnungen vor einem menschengemachten Klimawandel gibt er nichts. Lange ging Bolsonaro daher nicht gegen die Brände vor. Erst nach einem Hilferuf von sieben brasilianischen Bundesstaaten schickte er die Streitkräfte am Wochenende in den Kampf gegen die Flammen. Zehntausende Soldaten sollten bei den Löscharbeiten helfen und gegen Brandstifter vorgehen.
Bolsonaro beleidigt Macrons Ehefrau
Dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Amazonas-Brände bei dem Gipfel der führenden Industriestaaten in Biarritz kurzfristig auf die Tagesordnung setzte, kritisierte der ultrarechte Staatschef scharf. Er warf dem Franzosen am Freitag "kolonialistische Mentalität“ vor. Die G7-Staaten ließen sich von diesen Querschüssen nicht beirren: Sie sagten Brasilien und den übrigen betroffenen Ländern am Wochenende ihre Unterstützung bei der Brandbekämpfung zu. So soll es eine Soforthilfe von 20 Millionen US-Dollar (rund 17,9 Millionen Euro) für den Kampf gegen die Feuer im Amazonas-Regenwald geben.
Am Montag legte die brasilianische Regierung aber noch einmal nach: Bolsonaro machte sich am Sonntag einen Facebook-Beitrag zu eigen, in dem ein Nutzer über das Äußere von Frankreichs "Première Dame" herzieht und die Differenzen zwischen Macron und Bolsonaro mit dem "Neid" des französischen Präsidenten auf die junge Frau Bolsonaros erklärt.
"Was kann ich Ihnen sagen?", reagierte Macron. "Das ist traurig, (...) aber es ist traurig vor allem für ihn und für die Brasilianer." Er hoffe, dass die Brasilianer bald einen Präsidenten hätten, dessen Verhalten den Anforderungen entspreche. Macron hatte Bolsonaro bereits unverhohlen vorgeworfen, ihn beim Gipfel der großen Industrie- und Schwellenländer (G-20) in Osaka im Hinblick auf Zusagen zum Umweltschutz angeschwindelt zu haben. Macron hatte wegen der Umweltpolitik Bolsonaros auch eine Blockade des Freihandelsabkommens der EU mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur angekündigt. Wobei nicht alle EU-Partner derselben Meinung sind - Deutschland etwa.
Im Kurzbotschaftendienst Twitter machte sich überdies Brasiliens Bildungsminister Abraham Weintraub über Macron her. Dieser sei bei den Waldbränden nicht "auf der Höhe". "Er ist nur ein opportunistischer Schweinehund, der die Unterstützung der französischen Agrarlobby sucht."
(APA/AFP/Reuters/red.)