Thaksins „Urlaubsgrüße“ aus Montenegro

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Thaksins bdquoUrlaubsgruesseldquo Montenegro(c) AP (Sakchai Lalit)
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Thailands Ex-Premier Thaksin Shinawatra besitzt viele Pässe: darunter den seiner Wahlheimat Montenegro. Von seiner Einbürgerung erhoffte sich Montenegros Regierung Investitionen.

Belgrad/Podgorica. „Ich bin jetzt Montenegriner“, versichert Thailands Ex-Premier Thaksin Shinawatra. Doch der zu den reichsten Montenegrinern Zählende bleibt trotz vermehrter Blitzbesuche in dem kleinen Adria-Staat für seine neuen Landsleute ein Phantom. Kaum wird das Idol der thailändischen Rothemden beim Shopping oder Restaurantbesuch im Badeort Budva gesichtet, steuert der Privatjet des rastlosen Exilanten vom Adria-Flughafen Tivat aus bereits die nächste Wahlheimat des Mannes mit den vielen Pässen an.

In seinem Heimatland Thailand haben seine Anhänger nach tagelangen Straßenkämpfen gegen die Armee vorläufig aufgeben müssen. Am Freitag wurden zehn Leichen aus einem in Brand gesteckten Einkaufszentrum in Bangkok geborgen. Der amtierende Premier Abhisit rief zu rascher Versöhnung der gegnerischen Gruppen auf.

Thaksin, der Hoffnungsträger der Rothemden, ordnet derweil im Exil seine Geschäfte: Die weltweiten Verstrickungen des schillernden Geschäftsmanns bleiben genauso mysteriös wie der Grund für seine Einbürgerung in Montenegro. In Großbritannien und Deutschland wurde der kapitalkräftige Flüchtling nach seiner Verurteilung zu einer zweijährigen Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs in Thailand zwar zum unerwünschten Gast. Doch zumindest bei der Regierung des kriselnden Tourismuslandes Montenegro erfreut sich der von Interpol gesuchte Ex-Premier, der auch die Staatsbürgerschaft Nicaraguas und Ugandas besitzen soll, offenbar ungebrochener Wertschätzung.

Besseres Bild Montenegros?

Montenegro habe Thaksin „wahrscheinlich Mitte 2009“ die Staatsbürgerschaft vor Ausstellung des Interpol-Haftbefehls „zum Nutzen der Wirtschaft“ erteilt, ließ Vizepremier Igor Lukšić im April wissen: Der Neo-Staatsbürger ziehe nicht nur „neue Investoren an“, sondern plane auch selbst Investitionen.

Herrn Shinawatra sei mitgeteilt worden, dass er Montenegro nicht für seine politischen Aktivitäten nutzen dürfe, beteuert derweil Außenminister Milan Roćen: Doch Thaksin sei interessiert an der Investition in „bedeutende Projekte“ seines Gastlands: „Die Erteilung seiner Staatsbürgerschaft bessert das Bild Montenegros in der Welt auf.“

Tatsächlich wird der EU-Anwärter mit Thaksins Einbürgerung eher wieder seinem zweifelhaften Ruf als Eldorado für zwielichtige Geschäftsleute und Geldwäscher gerecht: Schon seit Langem wirft die Opposition dem langjährigen Premier Milo Djukanović eine allzu enge Verquickung mit dem organisierten Verbrechen vor.

Neubürger Thaksin soll jedenfalls enge Kontakte zu den Machthabern in Podgorica pflegen. Die Zeitung „Dan“ berichtet von „unbestätigten Gerüchten“, dass er sowohl zum Premier-Bruder Ace Djukanović als auch dem von Interpol gesuchten Tabak-Tycoon Stanko Subotić eine „gute Beziehung“ pflege. Mit beiden plant der Thailänder offenbar millionenschwere Geschäfte: Angeblich will er sowohl in die angeschlagene Prva Banka des Djukanović-Clans als auch in Subotićs Nobel-Insel Sveti Stefan investieren.

Er liebe die Menschen, das Essen und das Wetter in Montenegro – und sei in ständigem Kontakt mit der thailändischen Opposition, berichtete der sonst in einer angemieteten Villa völlig abgeschottete Thaksin, als ihn Reporter Ende April beim Verlassen einer Sprachschule in Podgorica endlich einmal zur Rede stellen konnten.

Doch Thaksins Sympathie-Erklärungen für sein neues Heimatland stoßen nicht nur auf Gegenliebe: Die Blitz-Einbürgerung sorgt für Kontroversen. Bereits im April letzten Jahres soll Thaksin bei der Einreise nach Liberia einen montenegrinischen Pass präsentiert haben: ausgestellt sei das Papier auf den falschen Namen „Taki Sinegra“. Im Mai 2009 fragte die montenegrinische Anti-Korruptions-Organisation „Mans“ bei der Regierung an, aufgrund welcher Rechtsbasis das Innenministerium Thaksin die Staatsbürgerschaft erteilt habe. Eine Antwort steht bis heute aus, Mans versucht mittlerweile, von der Regierung per Gericht eine Offenlegung der Hintergründe zu erzwingen. „Leider gibt es Indizien, dass hinter der Einbürgerung private Finanzinteressen stehen“, begründet Mans-Direktorin Vanja Calović gegenüber der „Presse“ die Klage.

Staatsbürgerschaft für Geld

Mit der Erfolgsformel „Staatsbürgerschaft für Geld“ könne man sicherlich auch andere zweifelhafte „Investoren“ ins Land locken, schreibt bitter das Wochenmagazin „Monitor“. Sarkastisch schlägt das Blatt Thaksin als idealen Nachfolger für den amtsmüden Premier Djukanović vor. Außer Geld habe der Ex-Premier Montenegro auch eine „reiche politische Erfahrung“ zu bieten. In seiner Heimat sei der Thailänder schließlich für Machtmissbrauch im Familieninteresse verurteilt worden: „Das ist das gleiche Regierungsmodell, das hier seit 20 Jahren an der Macht ist.“

ZUR PERSON

Thaksin Shinawatra war von 2001 bis 2006 Premier Thailands. Er ist die Galionsfigur der Rothemden, die am Mittwoch nach blutigen Unruhen ihre Proteste in Bangkok beendeten. Thaksin besitzt einen montenegrinischen, einen ugandischen und einen nicaraguanischen Reisepass, hält sich die meiste Zeit aber angeblich in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2010)

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