Trump bricht Dialog mit Taliban ab

US-Präsident Trump lässt überraschend Verhandlungen mit den Taliban platzen.
US-Präsident Trump lässt überraschend Verhandlungen mit den Taliban platzen. REUTERS
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Eigentlich hätte ein Friedensabkommen verkündet werden sollen, doch in der letzten Minute ließ der US-Präsident Verhandlungen platzen. Grund ist ein Anschlag in Kabul.

Washington. Die Ankündigung kam wie so oft schon über Twitter: Nach einem Anschlag in Kabul hat US-Präsident Donald Trump Friedensgespräche mit Anführern der afghanischen Taliban überraschend platzen lassen. „Welche Leute würden so viele töten, nur um scheinbar ihre Verhandlungsposition zu stärken?“, schrieb Trump. Ein Treffen mit wichtigen Talibananführern sei für Sonntag am Landsitz des US-Präsidenten in Camp David geplant gewesen. Dort hätte er auch den afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani – getrennt davon – empfangen wollen. Doch dann habe die radikalislamische Gruppe zugegeben, für einen Angriff in Kabul verantwortlich zu sein, bei dem ein US-Soldat und elf weitere Menschen getötet worden seien.

Mit der Absage steht der Entwurf für ein Friedensabkommen infrage, den ein US-Gesandter in Afghanistan ausgehandelt hat. Dieser sieht vor, dass die USA in den kommenden Monaten 5000 Soldaten aus dem zentralasiatischen Land abziehen. Im Gegenzug verlangten die USA Garantien, dass Afghanistan nicht als Basis für Anschläge auf die USA und ihre Verbündeten diene.

Trump, der Ende 2020 seine Wiederwahl anstrebt und einen Truppenabzug im Wahlkampf als Erfolg verbuchen könnte, äußerte nun Zweifel daran, ob Verhandlungen mit den Taliban überhaupt sinnvoll gewesen wären: „Wahrscheinlich hätten ihre Anführer ohnehin nicht die Macht gehabt, ein wichtiges Abkommen auszuhandeln, wenn sie nicht einmal einer Feuerpause während der wichtigen Verhandlungen zustimmen könnten“, schrieb er auf Twitter.

Taliban drohen mit neuen Anschlägen

Die Taliban reagierten erzürnt: „Die Amerikaner werden unter der Absage leiden“, drohte ein Sprecher mit weiteren Anschlägen gegen US-Ziele. Beobachter gehen davon aus, dass die Taliban ihre Verhandlungsposition mit Waffengewalt verbessern wollen. Zudem soll es interne Widerstände gegen eine Waffenruhe geben, da die Islamisten bei den Kämpfen an Boden gewinnen.

Afghanistans Präsident, Ashraf Ghani, hingegen betonte, Frieden werde nur möglich, wenn sich die Taliban zu einer Feuerpause bereit erklärten. Kabul sei entschlossen, „mit den USA und anderen Verbündeten zusammenzuarbeiten, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen“, hieß es in einer Erklärung. Die Regierung müsse aber direkt in die Friedensverhandlungen einbezogen werden.

Die afghanische Regierung betrachtet ein Abkommen mit den Taliban mit Argwohn, da sie bei den Verhandlungen außen vor gewesen ist. Kabul wird von den Taliban als „Marionettenregierung“ des Westens abgelehnt. Kabul befürchtet, dass die Islamisten ein Abkommen nutzen könnten, um letztlich zurück an die Macht zu gelangen. Die Gruppe kontrolliert derzeit bereits ein größeres Gebiet als je zuvor seit Beginn des Krieges gegen die Taliban im Jahr 2001.

Ghani strebt bei dem Ende des Monats anstehenden Urnengang seine Wiederwahl an. Die Taliban wollen den Wahltermin durchkreuzen. Sie verlangen die Absage der Wahl als Voraussetzung für den Abschluss eines Friedenspakts mit den Amerikanern. Ghani beharrt jedoch auf dem Termin. Die USA und die Taliban sprechen seit Juli 2018 über eine politische Lösung des Afghanistan-Konflikts. US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad hat vergangene Woche gesagt, man habe sich „grundsätzlich“ auf ein Abkommen geeinigt. Dafür müsse aber Trump grünes Licht geben.

Ein bilateral zwischen den Taliban und den USA ausgehandeltes Abkommen, das den seit mehr als 18 Jahren tobenden Konflikt am Hindukusch ohnehin nicht umfassend beilegen kann, hat viele Afghanen zur Flucht aus dem Land getrieben. Für ein umfassendes Friedensabkommen müssten sich auch die rivalisierenden Gruppen innerhalb des Landes einigen sowie die Frage geklärt werden, was mit den übrigen in Afghanistan stationierten US-Soldaten und Nato-Truppen geschehen soll. (Reuters, AFP)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2019)

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