„Alles, was Stenzel gesagt hat, hat Hand und Fuß“, meint der Ex-Innenminister über den Auftritt der nicht amtsführenden Wiener FPÖ-Stadträtin bei den rechtsextremen Identitären.
Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) sieht in der Rede der nicht amtsführenden Wiener FPÖ-Stadträtin Ursula Stenzel bei einer Kundgebung der rechtsextremen Identitären am Wochenende in Wien "nichts Verwerfliches". "Alles was Stenzel gesagt hat, hat Hand und Fuß", meinte Kickl am Montag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Parteichef Norbert Hofer hat Stenzels Erklärung für den Auftritt akzeptiert.
"Sie hat glaubhaft gemacht, dass sie nicht gewusst hat, wer Veranstalter ist", betonte Hofer. Stenzel befinde sich im 74. Lebensjahr und surfe eben nicht jeden Tag im Internet, um zu recherchieren, wer hinter einem Verein stehe. Ihr Auftritt sei nicht abgesprochen gewesen, so Hofer: "Wenn sie uns gefragt hätte hätten wir ihr sagen können, wer hinter dem Verein steht." Der Anlass des Auftritts bei der Veranstaltung der Rechtsextremen - der Jahrestag des Endes der "Türkenbelagerung" - sei aber wichtig genug für ein Gedenken. Sollte das offizielle Wien dazu nichts machen, werde die FPÖ das kommendes Jahr übernehmen.
Kickl: „Verfassungsschutz hat keine Handhabe“
Es komme weniger darauf an, wo jemand etwas sagt, sondern was er sagt, meinte der ehemalige Innenminister Kickl dazu. Außerdem sei die Veranstaltung genehmigt gewesen
Einem Verbot der Identitären konnte Kickl nach wie vor nichts abgewinnen. Der Verfassungsschutz habe bereits festgestellt, keine Handhabe gegen das Symbol der Identitären zu haben - und wenn man schon keine Handhabe gegen das Symbol habe, wie solle man dann eine gegen den Verein haben, so Kickl. "Wenn die ÖVP (die ein Verbot der Identitären fordert, Anm.) allerdings neue Erkenntnisse hat, dann soll sie die auf den Tisch legen", erklärte der Ex-Innenminister und warf der ÖVP vor, die von ihr geforderte Änderung des Vereinsrechts nicht zu Ende gedacht zu haben.
Grüne orten Doppelstrategie
Die Grünen orteten in den Äußerungen der FPÖ-Spitze - Hofer und Kickl - ein „Doppelspiel“. "Ein sich gemäßigt gebender Norbert Hofer soll ÖVP-FPÖ Wechselwähler ansprechen, gleichzeitig sollen Rechtsverbinder wie Kickl und Stenzel die extreme Rechte bei Laune halten", meinte Grünen-Chef Werner Kogler am Montag.
Kritik übte er auch an der ÖVP, deren Verbots-Rufe er als "Antragsaktionismus" kritisierte: "Wie lange bleibt die FPÖ noch ein ernsthafter Koalitionspartner für Sie, Herr Kurz?", fragte Kogler. "Dass nun ausgerechnet ÖVP-Klubchef (August, Anm.) Wöginger erneut ein Verbot der Identitären ins Spiel bringt, ist ein durchschaubarer, aber ungeeigneter Fluchtversuch nach vorne", sagte er.
„Unausgegorene Verbotsidee“
Die „unausgegorene Verbotsidee“ der ÖVP werfe mehr Fragen auf als Antworten. "Dass Wöginger gleichzeitig vom Identitären-Chef (Martin Sellner, Anm.) für seine Aussagen in einem Interview mit einem rechtsextremen Magazin ("Info-Direkt", Anm.) gelobt wird, zeigt wie löchrig mittlerweile auch die ÖVP-Firewall gegen Rechts ist", so der Befund des grünen Spitzenkandidaten.
Kritik an ÖVP-Klubchef Wöginger kam am Montag auch von der Liste Jetzt. Deren Gründer Peter Pilz bezeichnete Wöginger als "Hütchenspieler der Extraklasse" - angesichts dessen Interviews mit "Info-Direkt" und darauf folgendem Sellner-Lob. Auch betonte Pilz, "dass alle extremistischen Vereine schon heute aufgelöst werden können", nämlich dann, wenn deren Tätigkeit dem Vereinszweck widerspricht - oder wenn sie gegen das Strafrecht verstoßen. "Das alles ist bei den Extremisten von Identitären bis zu politischen Islamisten gegeben", so Pilz.
Vilimsky: „Allmachtsphantasien“ der ÖVP
Die ÖVP wiederum forderte in einer Aussendung die SPÖ auf, bei ihrem für September angekündigten Antrag für ein Verbot der Identitären mitzustimmen. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky ortete angesichts der Verbots-Forderungen der ÖVP "Allmachtsphantasien": "In einer Demokratie entscheidet der Rechtsstaat über Vereinsauflösungen und nicht die ÖVP-Parteizentrale", so der EU-Mandatar in einer Aussendung. Auch ortete er darin eine "Vorleistung der ÖVP für einen Links-Koalition mit den Grünen oder der SPÖ".
Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft IGGÖ, Ümit Vural, erklärte in einer Aussendung, nicht das Vereinsgesetz sei das Problem, "sondern extremistisches Gedankengut, das gesamtgesellschaftlich bekämpft werden muss". Er sah zwischen dem Aufmarsch der Identitären am Samstag eine "direkte Verbindung" mit dem "radikalen Gedankengut des Christchurch-Terroristen". "So ist die Instrumentalisierung der 2. Wien-Belagerung im Jahr 1683 eine bekannte Strategie anti-muslimischer Rassisten, um gegen muslimische Menschen zu hetzen. Auch der Attentäter von Christchurch verzierte etwa seine Mordwaffe mit dem Schriftsatz 'Vienna 1683'", so Vural.
(APA)