Slowakei: Fico warnt vor Ungarns "brauner Pest"

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Das Parlament befasst sich in einer Sondersitzung mit dem geplanten ungarischen Staatsbürgerschaftsrecht. Die stellvertretende Parlamentspräsidentin bezeichnete Ungarn als „Pulverfass der Region“.

BRATISLAVA (tha). „Das ist ein Konflikt der Slowakei mit ihrer (...) antifaschistischen Tradition mit einem Staat, aus dessen Parlament sich die braune Pest ausbreitet.“ So dramatisch begründete der slowakische Premier Robert Fico, warum das eigentlich vor den Parlamentswahlen am 12. Juni schon fast ausgediente Parlament am Dienstag doch noch einmal zu einer Sondersitzung zusammentreten musste.

Anna Belousova, stellvertretende Parlamentspräsidentin und zugleich Vizechefin der mitregierenden Nationalpartei SNS, bezeichnete Ungarn als „Pulverfass der Region“. Aber auch der christdemokratische Expremier und nunmehrige Oppositionsführer, Mikulas Dzurinda, der immerhin acht Jahre lang eine Koalition mit der slowakischen Ungarnpartei SMK geführt hatte, gab sich kaum weniger theatralisch: Der künftige ungarische Ministerpräsident, Viktor Orbán, „provoziert Konflikte und Spannungen und wirft Europa zurück ins 19. Jahrhundert“.

Auf der Gegenseite erfüllte SMK-Chef Pal Csaky, unter dessen Führung die Ungarnpartei in den vergangenen Jahren wieder einen nationalistischeren Kurs eingeschlagen hat, die Erwartungen seiner Gegner: Nachdem er sich über die „Hysterie“ der slowakischen Mehrheitsparteien beschwert hatte, verließ er mitsamt Parteikollegen den Sitzungssaal.

In so aufgeheizter Stimmung wurden die zur Ruhe mahnenden Stimmen, wie etwa von Ex-Kulturminister Rudolf Chmel, kaum noch gehört. Fast untergegangen ist in der ganzen Emotion auch, was das slowakische Parlament am Dienstag eigentlich beschlossen hat: Es protestiert gegen Orbáns Pläne zur Verleihung der Doppelstaatsbürgerschaft an ungarische Bürger der Slowakei. Zugleich wendet sich Bratislava mit Beschwerden an internationale Organisationen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2010)

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