Katharina Zedlacher – hier im Wiener Prater – liebt die Zeit mit ihrem Sohn und ihrem Partner, genießt aber auch Tage, die sie für sich allein hat.
Geschichten des Jahres 2019

Warum Alleinsein manchmal guttut

Allein in ein Lokal gehen oder auf Urlaub fahren? Während viele Menschen ungern ohne Begleitung sind, erleben andere das Alleinsein als wertvoll und bereichernd. Auch Psychologen sehen diese Zeiten ohne andere Menschen positiv.

Geschichten des Jahres. Dieser Artikel ist am 20. September 2019 erschienen.

Als 18-Jährige war Katharina Zedlacher in Los Angeles. Drei Monate, ganz allein, ganz bewusst ohne Begleitung, „frei und unabhängig“, wie sie sagt. Bis heute verreist Zedlacher – auch wenn sie einen Sohn und einen Partner hat – immer wieder auch gern allein. Allein auf Urlaub fahren? „Niemals“, sagt wiederum Theresa, Kindergartenpädagogin aus Wien (die ihren Nachnamen nicht nennen möchte). Sie würde sich nicht einmal allein in ein Café setzen. „Ich finde“, sagt die 24-Jährige, „Alleinsein unglaublich langweilig. Ich bleibe sogar lieber länger in der Arbeit und quatsche mit Kolleginnen, wenn ich weiß, dass niemand zu Hause ist. Ich brauche es irgendwie, in Gesellschaft zu sein.“

Während die einen so gut wie nie einen Abend allein verbringen, es für sie nicht infrage käme, ohne Begleitung ins Kino zu gehen, macht es anderen nicht nur nichts aus – sie schätzen diese Stunden oder Tage ohne Gesellschaft sogar. „Für mich war das immer schon gut und wichtig“, sagt Sophie (auch sie will ihren Nachnamen nicht nennen), 42-jährige Wienerin, die im Gesundheitswesen tätig ist. „Nur wenn ich Sachen allein mache, kommt der Flow, die Gedanken strömen so in einer Art Trance dahin. Das genieße ich dann, es macht mich entspannter. Aufgetankt“. Zedlacher, die eine Multimediaagentur hat, geht es ähnlich. „Ich merke, wenn ich beruflich viel Stress habe und mir die Zeit für mich fehlt, schlägt sich das negativ auf die Psyche. Ich brauche das sehr.“

Psychologen halten Zeiten, die man nur mit sich selbst verbringt, für wichtig, um Ruhe zu finden, um sich zu regenerieren oder, es mag esoterisch klingen, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Zahlreiche Ratgeber mit Titeln wie „21 Gründe, das Alleinsein zu lieben“ oder „Über die Kunst, allein zu sein“ fordern die Menschen geradezu auf, sich hin und wieder bewusst zurückzuziehen.

Das liegt nicht jedem. Muss es auch nicht, sagt Stefan Höfer, Gesundheitspsychologe an der Medizinischen Uni Innsbruck. „Da gibt es kein richtig oder falsch. Manchen ist es wichtig, andere fühlen sich allein nicht wohl. Wichtig ist, dass man selbst weiß, was man braucht, um sich wohlzufühlen.“ Generell sieht auch Höfer das – freiwillig gewählte – Alleinsein positiv. „Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht andere Menschen, das ist etwas ganz Zentrales“, sagt Höfer. „Aber der Kontakt mit anderen Menschen, so notwendig er ist, ist manchmal nicht unanstrengend. Dann braucht es auch Zeit allein. Zeit, sich zu regenerieren.“

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