Arbeitnehmer: Gehen oder bleiben bei Insolvenz?

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Wenigstens die Entgeltansprüche sind bei Insolvenz des Arbeitgebers weitgehend gesichert. Die Insolvenzrechtsreform macht es aber nicht schwerer, aus dem Arbeitsvertrag auszusteigen.

An Bord bleiben oder abspringen? Arbeitnehmer eines in Schieflage geratenen Unternehmens müssen sich das fragen – und daran wird sich auch künftig nichts ändern. Zwar macht es die neue Rechtslage Vertragspartnern schwerer, aus ihren Verträgen mit einem insolventen Unternehmen auszusteigen, für Arbeitnehmer gilt das jedoch nicht. Sie dürfen weiterhin kündigen. „Wer einen Anspruch auf Abfertigung ,alt‘ hat, sollte sich das aber gut überlegen“, empfiehlt Andreas Bauer, Arbeitsrechtsexperte bei Brauneis Klauser Prändl. Denn bei Selbstkündigung ist der Abfertigungsanspruch weg. Kündigt dagegen der Masseverwalter, „bekommt man vom Insolvenz-Entgelt-Fonds die Abfertigung, und wenn man danach ein neues Dienstverhältnis eingeht, gilt die ,Abfertigung neu‘“. Langjährige Mitarbeiter, die den höchstmöglichen Abfertigungsanspruch erreicht haben, können dadurch unterm Strich sogar gewinnen.

Schlechtere neue Verträge

Was allerdings ein schwacher Trost sein dürfte: Wenn tatsächlich ein neuer Dienstvertrag winkt, dann oft zu schlechteren Bedingungen. Und zwar selbst dann, wenn sich für einen Betrieb oder Betriebsteil des insolventen Unternehmens ein Käufer findet, der Mitarbeiter übernehmen will.

Das AVRAG (Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz), das bei einem Betriebsübergang die Dienstnehmer vor Kündigung oder Gehaltseinbußen schützt, gilt nämlich im Konkursfall nicht.

Insolvenz ist kein wichtiger Grund

Zu einem Austritt aus wichtigem Grund – ohne Einhaltung der Kündigungsfrist – berechtigt ein Insolvenzverfahren den Arbeitnehmer übrigens nicht. Wohl aber darf er sofort abspringen, wenn feststeht, dass das Unternehmen nicht weitergeführt wird. „Auch Gehaltsrückstände vor Konkurseröffnung berechtigen künftig nicht mehr zum Austritt“, so Bauer. Das Entgelt zahlt in diesem Fall der Insolvenz-Entgelt-Fonds. „Dieser sichert nicht nur den laufenden Entgeltanspruch, sondern etwa auch Abfertigungsansprüche, Schadenersatz, Spesen oder Klagskosten“, so Anna Mertinz, Arbeitsrechtsexpertin bei Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte. Es gelten jedoch unterschiedliche Deckelungen und Fristen.

Viele Formalitäten

Und man braucht einen langen Atem: Bis das Geld am Konto landet, können Monate vergehen. Zwar sieht die neue Rechtslage vor, dass bei Vorliegen „berücksichtigungswürdiger Gründe“ über den Anspruch besonders rasch zu entscheiden ist. „Aber zwei, drei Monate kann es trotzdem dauern“, erwartet Mertinz. Denn abgesehen davon, dass der Insolvenzverwalter die Ansprüche anerkennen muss, braucht auch die penible Prüfung durch die Geschäftsstelle des Fonds ihre Zeit.
Wichtig ist die Einhaltung der Formalitäten: Der Antrag ist innerhalb von sechs Monaten mit dem vorgesehenen Formblatt zu stellen. „Anzugeben sind darin nicht nur die Brutto-, sondern auch die Nettoansprüche, die anders als sonst berechnet werden, weil eine spezielle Insolvenzbesteuerung gilt“, so Mertinz. Rechtsberatung sei in dieser Situation jedenfalls ratsam.

(cka)

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