Konjunkturabkühlung

Deutschlands Industrie in der Rezession gelandet

Das Fordwerk in Saarlouis am Freitag 18 1 2019 Ford produziert in Saarlouis den Ford Focus und d
Das Fordwerk in Saarlouis am Freitag 18 1 2019 Ford produziert in Saarlouis den Ford Focus und dimago images / Becker&Bredel
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Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungs­institute haben ihre Konjunkturprognose für Deutschland deutlich nach unten korrigiert.

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungs­institute waren im Frühjahr noch von einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von 0,8 Prozent im Jahr 2019 ausgegangen. Nun erwarten sie laut einer Aussendung des ifo nur noch 0,5 Prozent, teilt das ifo in einer Aussendung mit. Als Gründe für die schwache Entwicklung werden die nachlassende weltweite Nachfrage nach Investitionsgütern, auf deren Export die deutsche Wirtschaft spezialisiert ist, politische Unsicherheit und strukturelle Veränderungen in der Automobilindustrie genannt. Die Finanzpolitik stützt hingegen die gesamtwirtschaftliche Expansion. Auch die Prognose für das kommende Jahr senken die Konjunkturforscher auf 1,1 Prozent, nach noch 1,8 Prozent im Frühjahr.

Institute kritisieren Finanzminister

Die deutsche Industrie befinde sich in einer Rezession, die inzwischen auch auf die unternehmensnahen Dienstleister durchschlägt, sagt Claus Michelsen, Leiter der Abteilung Konjunkturpolitik des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Dass die Wirtschaft überhaupt noch expandiert, ist vor allem auf die anhaltende Kauflaune der privaten Haushalte zurückzuführen, die von den guten Lohnabschlüssen, Steuererleichterungen und Ausweitungen staatlicher Transfers gestützt wird.“

Die Wirtschaftsforschungsinstitute haben den deutschen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) dafür kritisiert, trotz der Konjunkturschwäche keine neuen Schulden zu machen. "Ein Festhalten an der schwarzen Null wäre [...] schädlich", schreiben sie in ihrem am Mittwoch veröffentlichten Herbstgutachten. Um die Konjunktur zu stabilisieren, müsse der öffentliche Haushalt "atmen", dafür biete die Schuldenbremse explizit Spielraum - sie lässt Kredit in kleinem Umfang zu.

Weniger neue Jobs

Weltweit bleiben die politischen Unwägbarkeiten bestehen und belasten über die Investitionsbereitschaft der Unternehmen den Außenhandel. Er schätzt vor allem die Risiken ausgehend von einer Eskalation des Handelskonflikts als hoch ein. „Aber auch durch einen ungeregelten Brexit würde das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland dadurch für sich genommen im kommenden Jahr um 0,4 Prozent niedriger ausfallen als bei einem geregelten Austritt“, ergänzt Michelsen.

(c) ifo

Der Beschäftigungsaufbau verliert als Folge der konjunkturellen Abkühlung an Fahrt; die Industrie hat jüngst sogar Stellen abgebaut. Hingegen stellen Dienstleister und die Bauwirtschaft weiter ein. In diesem Jahr rechnen die Institute daher mit einem Beschäftigungsaufbau von 380.000 Stellen. In den kommenden beiden Jahren werden voraussichtlich nur noch 120.000 beziehungsweise 160.000 neue reguläre Arbeitsverhältnisse geschaffen. Die Arbeitslosenquote steigt im Jahr 2020 auf 5,1 Prozent von 5,0 Prozent im Jahr 2019 und dürfte dann im Jahr 2021 wieder auf 4,9 Prozent sinken.

Die Verbraucherpreise werden weiterhin nur moderat um 1,4 Prozent im Jahr 2019, 1,5 Prozent im Jahr 2020 und 1,6 Prozent im Jahr 2021 zulegen. Die Überschüsse des Staats sind in diesem Jahr mit voraussichtlich rund 50 Milliarden Euro noch beträchtlich. Allerdings schmelzen sie bis zum Jahr 2021 auf rund 4 Milliarden Euro.

(red.)

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