Trump tobt wegen „Staatsstreich“

Die Untersuchungen gegen Donald Trump nehmen immer mehr an Fahrt auf.
Die Untersuchungen gegen Donald Trump nehmen immer mehr an Fahrt auf.REUTERS
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Die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Präsidenten scheint nur eine Frage der Zeit. Die Demokraten nehmen nun auch Außenminister Pompeo ins Visier.

New York. An Politik im herkömmlichen Sinn ist in Washington momentan nicht zu denken. Von einer überfälligen Migrationsreform bis zu einer von allen Seiten angekündigten Überarbeitung des Waffenrechts gäbe es genug zu tun. Doch sind nach der Einleitung erster Schritte in Richtung einer Amtsenthebung des Präsidenten die Gräben so tief, dass eine Rückkehr zur Tagespolitik in absehbarer Zeit ausgeschlossen ist.

Vielmehr nehmen die Untersuchungen gegen Donald Trump immer mehr an Fahrt auf. Fast schon im Stundentakt tauchen neue Details auf: Den Stein ins Rollen hatte zunächst das Telefonat des Präsidenten mit dem ukrainischen Staatschef, Wolodymyr Selenskij, gebracht, in dem Trump Ermittlungen gegen den Sohn seines politischen Konkurrenten Joe Biden forderte. Schließlich wurde auch ein weiteres Gespräch publik, in dem Trump Australiens Premier, Scott Morrison, aufforderte, Infos zu liefern, um an Hintergründe der Ermittlungen zur Wahleinmischung Russlands zu gelangen.

Außenpolitik für Trumps Agenda

Und nun gerät auch Mike Pompeo immer mehr ins Visier der Demokraten. Der Außenminister hat mittlerweile eingestanden, Teil des ominösen Telefongesprächs Ende Juli zwischen Trump und Selenskij gewesen zu sein. Der frühere CIA-Chef sei deshalb direkt involviert und könnte ebenso wie der Präsident daran interessiert sein, Beweise zu vertuschen, befinden die Demokraten. Sie warnen Pompeo: Ihm drohe Gefängnis, wenn er Ermittlungen behindere und seine Mitarbeiter dazu bewege, den Vorladungen des Parlaments nicht Folge zu leisten.

Im Grunde geht es bei den Vorwürfen gegen die Regierung darum, dass das Weiße Haus abseits der offiziellen Kanäle eine Parallel-Außenpolitik initiiert habe, die der politischen Agenda Trumps und nicht dem Wohl der USA dienen sollte. Einen zentralen Punkt machen dabei jene Hilfszahlungen an die Ukraine aus, die das Weiße Haus wenige Tage vor dem Telefonat mit Selenskij blockiert hat. Stellt sich heraus, dass dies erfolgte, um Ermittlungen gegen Biden zu erzwingen, wäre der Präsident in ernsthaften Schwierigkeiten.

Ein direkter Zusammenhang – Hilfszahlungen gegen Untersuchungen – ist jedoch aus der Mitschrift des Telefonats nicht eindeutig ersichtlich. Trump argumentiert, dass er die Gelder zurückgehalten habe, um von Europa höhere Zahlungen einfordern zu können. Bei den von den Demokraten eingeleiteten Schritten in Richtung Amtsenthebung handle es sich um einen „Staatsstreich“, schrieb der Präsident auf Twitter.

Licht ins Dunkel könnte der im Zuge des Ukraine-Telefonats zurückgetretene US-Sondergesandte Kurt Volker bringen. Er war es, der ein Treffen zwischen Trumps Anwalt Rudy Giuliani und einem Vertrauten Selenskijs initiierte. Am Donnerstag wird Volker von den Demokraten im „House“ ins Kreuzverhör genommen. Sie werden ihn unter anderem fragen, warum das Außenministerium in offizieller Kapazität ein Treffen mit Giuliani, der Trump privat unterstützt, in die Wege leitete.

Schwieriges Kalkül für die Demokraten

Die Frage scheint nicht mehr zu sein, ob, sondern wann das Verfahren zur Amtsenthebung gegen Trump eingeleitet wird. Die nötige einfache Mehrheit im Abgeordnetenhaus haben die Demokraten beisammen, doch geht es vielmehr um das politische Kalkül: Solang die Republikaner weiterhin geschlossen hinter Trump stehen, ist eine tatsächliche Amtsenthebung ausgeschlossen. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit im von den Konservativen dominierten Senat nötig. Bisher haben sich nicht einmal alle Demokraten öffentlich für ein „Impeachment“ ausgesprochen. So wird sich die Konfrontation in Washington noch lang hinziehen – aller Voraussicht nach zumindest bis zur Wahl im November 2020.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2019)

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