Randerscheinung

Mitbestimmen dürfen

(c) Carolina Frank
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Vor dem Mittagessen gehen wir also noch schnell wählen. Beziehungsweise ein Teil der Gruppe.

Vor dem Mittagessen gehen wir also noch schnell wählen. Beziehungsweise ein Teil der Gruppe. Der Älteste, der später in Wien wählt, bleibt zu Hause mit den beiden Jüngsten (dem Volksschüler und dem Hund), die (noch) nicht wählen dürfen. Während der Volksschüler am Wahlkampf schon regen Anteil genommen hat, scheint der Hund politisch nicht so interessiert zu sein. „Ich werde dort fragen, ob sie etwas Besonderes empfehlen können", witzelt der Mittlere am Weg und fängt gleich darauf an zu überlegen, zum wievielten Mal er nun schon wahlberechtigt ist. Irgendwie ist es schön, wenn man als routinierter Wähler daran erinnert wird, dass mitbestimmen dürfen auch etwas Aufregendes sein kann. Und überhaupt möchte man denjenigen sagen, die über die „Kinder" motzen, die da jeden Freitag gegen Umweltsünden demonstrieren: Die meisten dieser Kinder haben in unserem demokratischen Prozess genauso viel Gewicht wie sie selber: nämlich eine Stimme. In der Volksschulklasse, in der wir wählen, scheint die Zeit stillzustehen. An der zugeklappten Tafel lese ich „Herzlich willkommen zurück" (wurde da wohl zum Schulstart hingeschrieben), die Pulte sind für die Wahlbeisitzer zu einer Art Budel zusammengeschoben (dahinter sitzen sie auf den Sesseln viel zu tief), und in der Wahlkabine ist es immer noch ein völlig schmuckloser (eigentlich auch sehr unübersichtlicher) Wahlzettel, den man mit einem BIC-Kuli ausfüllen soll, der mit einem Stück Spagat gegen das Mitnehmen befestigt ist. „Ich glaube, es war das vierte Mal", sagt der Mittlere, als wir wieder draußen sind. Ich überlege kurz, ob ich überschlagen soll, wie oft ich in meinem Leben schon gewählt habe, lasse es dann aber bleiben. Bis zur ersten Hochrechnung bleiben noch ein paar Stunden, um ein bisserl rauszugehen.

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