Expo Real

Trotz Booms noch Potenzial

Spitzenreiter: In Tschechien (im Bild Prag) haben die Kaufpreise für Wohnungen im Vorjahr um 16,8 Prozent angezogen.
Spitzenreiter: In Tschechien (im Bild Prag) haben die Kaufpreise für Wohnungen im Vorjahr um 16,8 Prozent angezogen. (c) Getty Images (4FR)
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In manchen Regionen Europas gibt es immer noch Standorte, die ein überdurchschnittliches Wachstum versprechen. Als aussichtsreiche Märkte werden Portugal, Spanien und Italien gesehen.

Seit rund vier Jahren ist in den meisten EU-Staaten bei Wohnimmobilien ein Preiswachstum zu beobachten. Eine Ausnahme bildet lediglich Italien, wo die nominalen Hauspreise in den Jahren 2017 und 2018 gesunken sind. Nach einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Deloitte ist das durchschnittliche jährliche Wachstum der europäischen Immobilienkaufpreise in den vergangenen drei Jahren bei fünf Prozent gelegen. „In osteuropäischen Staaten wie Ungarn oder Tschechien oder in Portugal war die Steigerung jedoch fast doppelt so hoch“, weiß Michael Müller,Industry Leader des Bereichs Real Estate bei Deloitte.

Begrenztes Risiko

Mit einem jährlichen Plus von fast zehn Prozent die höchsten Zuwächse wurden in den vergangenen Jahren in Deutschland verzeichnet. 2018 gab es jedoch eine Zäsur: Spitzenreiter ist jetzt Tschechien (16,8 Prozent) vor Ungarn(13,7 Prozent), dicht gefolgt von den Niederlanden (9,3 Prozent). Deutschland liegt mit nunmehr fünf Prozent nahezu gleichauf mit Dänemark und Spanien (jeweils 5,1 Prozent), heißt es bei Deloitte. „Festzuhalten ist, dass der europäische Wohnungsmarkt aus Investorensicht ein ausgezeichnetes Diversifikationspotenzial mit einem ausgewogenen Risiko-/Renditeprofil bietet. Allerdings muss man auf regulatorische Marktinterventionen von Regierungen oder Behörden vorbereitet sein“, sagt Thomas Beyerle, Head of Group Research von Catella. Laut einer Untersuchung von Catella Research zum Wohnimmobilienmarkt in 59 Städten Europas wurde im ersten Halbjahr 2019 ein Transaktionsvolumen von 22,7 Milliarden Euro erzielt. Davon entfielen 30 Prozent auf Deutschland, gefolgt von den Niederlanden mit 21 Prozent. Zu den treibenden Faktoren dieser Entwicklung zählen die fortschreitende Urbanisierung und die Notwendigkeit zur Verdichtung, insbesondere in den Großstädten. Da dieser Trend mit steigenden Immobilien- beziehungsweise Grundstückspreisen einhergeht, werde erschwingliches Wohnen für Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen zusehends schwerer, betont Beyerle. Nach den Berechnungen des Beratungsunternehmens liegt in den untersuchten Städten die durchschnittliche Wohnungsmiete derzeit bei 15,13 Euro pro Quadratmeter. Der durchschnittliche Kaufpreis für eine Eigentumswohnung beläuft sich auf 4594 Euro pro Quadratmeter, wobei die Preise von 1450 Euro in Riga bis 16.420 Euro in London reichen.

Preisavancen hat es in den vergangenen Jahren auch im Luxussegment gegeben. Dem quartalsmäßig veröffentlichten Preisindex (Prime Global Cities Index) des britischen Maklerhauses Knight Frank (KF) ist zu entnehmen, dass Berlin mit einem jährlichen Plus von 14,1 Prozent zwar an der Spitze des Prime-Global-City-Index steht. Allerdings hat sich die Wachstumskurve im zweiten Quartal auf 12,7 Prozent abgeschwächt. Demgegenüber hat sich die jährliche Preissteigerungsrate in Frankfurt von 9,6 Prozent auf zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht. „Mit Spitzenpreisen von derzeit rund 11.500 Euro pro Quadratmeter in Berlin und 13.500 Euro in Frankfurt sind die beiden Städte im europäischen Vergleich aber noch wettbewerbsfähig“, betont Liam Baily, Global Head of Research bei Knight Frank. In dem Index sind inzwischen sechs europäische Städte vertreten. Neben Berlin und Frankfurt zählen dazu Edinburgh, Madrid, Genf, Moskau, Paris und Zürich. Wien belegt mit einem Plus von 1,2 Prozent hingegen lediglich Platz 25.

Nicht zuletzt wegen der mittlerweile abgeflachten Preiskurve ist auch Deutschland laut Deloitte unverändert attraktiv. „Im Vergleich mit anderen europäischen Immobilienmärkten liegt das durchschnittliche Mietpreisniveau hierzulande noch verhältnismäßig niedrig“, betont Deloitte-Manager Müller. Neben Deutschland erscheinen Portugal, Spanien und Italien für Wohnungsinvestments besonders attraktiv.

In Portugal rechnet die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) mit einem Wachstum der Immobilienpreise von fünf Prozent in diesem und vier Prozent in den kommenden zwei Jahren. Da die wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen nach wie vor günstig seien, werde das Interesse internationaler Käufer hoch bleiben, meinen die Experten. Allerdings könnte der Markt wegen regulatorischer Maßnahmen etwas Gegenwind bekommen.

In Spanien dürften die Hauspreise in diesem Jahr um 4,5 Prozent und im nächsten um 3,4 Prozent steigen, nach 6,6 Prozent im Jahr 2018. Die Wohnungsnachfrage wird dabei vom wirtschaftlichen Umfeld gestützt, wenn auch in geringerem Maße als früher. In Italien sieht S&P weitere Anzeichen einer Belebung der Nachfrage, was den Markt für Eigenheime betrifft. Hier liegt die Nachfrage auf dem höchsten Niveau seit 2009. Noch stärker dürfte das Luxussegment in den bevorzugten Tourismusregionen zulegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2019)

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