Technik: Vernetzen und verstecken

Technik Vernetzen verstecken
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Komfortabel soll es sein, nicht kompliziert. Bei der Heimvernetzung geht es darum, es sich bequem zu machen. Und schön.

Die Badewanne ist eingelassen, die Lichter sind gedämpft, aus den Lautsprechern kommt genau die Musik, zu der man beim Rückenschrubben am liebsten singt. Erwartet einen solch ein Szenario zu Hause, können liebe Mitbewohner dafür verantwortlich sein, auch dienstbare Geister. Oder aber die Technik. Die Vernetzung von Haustechnik mit Unterhaltungsgeräten und dem Internet kann vieles einfacher machen. Und tut es auch tatsächlich immer öfter.

»Das Haus soll tun, was ich will«

Nach Jahren, in denen vor allem ausgelotet wurde, was denn theoretisch an technischen Höchstleistungen ginge, drehen sich die Bemühungen nun hauptsächlich um den Komfort, die Bequemlichkeit. „Mein Haus muss nicht intelligent sein. Es soll einfach das tun, was ich will“, sagt Stephen Löwenstein, Chef von Löwenstein Home Comfort. Sein Unternehmen beschäftigt sich damit, solche Lösungen zu planen und zu integrieren.

Das Ziel: Die vernetzbaren Komponenten sollen sich einfach und intuitiv steuern und bedienen lassen. Bis es so weit ist, fallen allerdings recht komplexe Aufgaben an. Denn die Liste der Funktionen, die man einbeziehen kann, ist lang. Sie beginnt bei der Haustechnik, zu der die Heizung genauso zählt wie Sicherheitssysteme, die Beschattung, das Licht, Fenster und Schiebetüren, Haushaltsgeräte. Und eine Heizung für den Spiegel, damit dieser beim Wannenbad nicht immer so unschön anläuft. Weiter geht es mit dem Multimedia-Bereich: mit den TV-Geräten, der High-End-Anlage, den Computern und Playstations. Und dem Heimkino, damit man beim Filmschauen nicht immer von Wildfremden gestört wird, die lautstark Popcorn mampfen.

Die Vernetzung betrifft also das gesamte Wohnumfeld – Löwenstein empfiehlt deshalb, sich schon bei der Planung des neuen Domizils genau mit der Materie auseinanderzusetzen. Als Erstes wird eine Checkliste abgearbeitet: Was brauche ich, was will ich, wie möchte ich das Ganze bedienen – via Touchpanel, via PC, via Handy? Will ich einen Server haben, auf dem ich meine Filme, Bilder und Musikfiles zentral speichern kann? Sind die Wünsche definiert, werden sie im Idealfall vom Architekten oder vom „Systemintegrator“ – wie Löwenstein seinen Tätigkeitsbereich bezeichnet – koordiniert, die Arbeiten mit dem Installateur, dem Elektriker abgesprochen und durchgeführt.

Viele Geräte, eine Logik

Schließlich werden die technischen Komponenten vernetzt, und „es wird eine einheitliche Bedienung für den Bewohner geschaffen“, sagt Herbert Schmitt, Leiter des Smart Home Departments bei Checkpointmedia. Dann folgt die Steuerung des Fernsehers auf dem Touchpanel oder dem PC der gleichen Logik wie jene der Beschattung, der Musikanlage oder des Lichts. Und man muss sich nicht mit den unterschiedlichsten Fernbedienungen herumschlagen.

Damit das gut funktioniert, werden die Kunden ebenso in die Gestaltung der Bedienelemente eingebunden und eingeschult, berichtet Löwenstein. Meistens dauere das nicht länger als zwei, drei Stunden. Auch dann, wenn es sich nicht um Technikfreaks handelt. Solche finden sich natürlich auf der Kundenliste von Firmen, die sich mit „Smart Homes“ befassen. Aber tatsächlich werden jene immer mehr, denen es um den Komfort geht, nicht um ein Ausreizen des Möglichen. „Gerade in größeren Häusern muss man sehr viel unter einen Hut bringen“, erklärt Schmitt. „Hier können solche Systeme das Leben wesentlich erleichtern.“ Jenen Bauherren, die im Moment partout nichts davon wissen möchten, legt Löwenstein nahe, an später zu denken. „Bei der Planung sollte der Platz für Verrohrungen oder den Technikraum berücksichtigt werden.“

Pimp my Playstation

Das Vernetzen ist aber nicht die einzige Aufgabe, mit der sich Firmen wie Checkpointmedia oder Löwenstein beschäftigen. Ein Gutteil ihrer Arbeit entfällt auf das Verstecken der Technik, aufs Verschwindenlassen. Oder darauf, sie den meist edel designten Räumen anzupassen. „Das ist vor allem dann gefragt, wenn Innenarchitekten mit der Einrichtung beauftragt wurden“, berichtet Schmitt. Dann werden Lautsprecherboxen schon einmal mit Holz, Leder oder Metall verschönert. „Oder einfach in der Wand versteckt“ sagt Löwenstein. Auch Playstations, die optisch nicht zum Rest des Interieurs passen, werden „gepimpt“ und zum Beispiel in Ferrari-Rot im Spielzimmer aufgestellt. Und weil Fernseher das optische Erscheinungsbild des Wohnzimmers trüben können, werden sie in die Decke, den Boden, die Wand oder in Möbel eingelassen und bewegen sich erst auf Touchpanel-Druck aus ihrem Versteck.

Alles schön und gut – aber was tun, wenn etwas kaputt wird? Wenn ein Fehler im System ist? Hier müsse man unterscheiden, sagt Schmitt, zwischen den Geräten einerseits und den Steuermechanismen andererseits. „Bei Letzteren ist die Ausfallsquote ganz gering“, sagt Schmitt, schließlich werden „Redundanzen eingebaut“. Vereinfacht ausgedrückt: Das System hat eine zusätzliche Notfallschiene, die bei Problemen die Funktionen übernimmt.

Werden Geräte eingebaut, müsse man darauf achten, ob diese auch dafür geeignet sind“, ergänzt Löwenstein. „Sollen Fernseher hinter Glas oder hinter Spiegeln angebracht werden, fürs Badezimmer etwa, müssen passende Modelle gewählt werden. Denn ansonsten kann es Probleme geben, mit der Belüftung beispielsweise.

Schalter inklusive

Dass all dies kostet, ist klar. Die Preise beginnen bei rund 25.000, 30.000 Euro für kleine Systeme, die dann meist die Beschattung, das Licht, die Gegensprechanlage umfassen. Komplettlösungen mit allem Drum und Dran sind entsprechend teurer. Gibt man sich ordentlich Mühe und spart nicht bei Installationen und Geräten, kann man auch im mittleren sechsstelligen Bereich landen.

Egal, was man ausgibt, auf eines wird immer geachtet: dass die Wohnung auch ohne Heimvernetzung, ohne Touchpanel funktioniert. Mit Lichtschaltern, mit Tasten für die Beschattung oder das Heimkino, mit Fernbedienungen für die Musikanlage. Und mit Armaturen im Badezimmer, damit man die Wanne auf altmodische Weise füllen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2010)

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