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Der Djokovic-Effekt: Die goldenen Thiem-Jahre können beginnen

ATP 500 - Vienna Open
ATP 500 - Vienna OpenREUTERS
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Talent und Training sind nicht unwichtig, aber letztlich ist Tennis Kopfsache. Ein gutes Beispiel dafür ist Novak Djokovic. Er stand vor acht Jahren da, wo Dominic Thiem heute steht.

Unter Tennisfans gilt die Saison 2011 als diejenige mit der bisher stärksten Dominanz eines einzelnen Spielers – Novak Djokovic blieb damals 41 Spiele in Folge ungeschlagen, gewann drei Gand Slams und wurde erstmals die Nummer eins der Welt. Mit Mitte 20 gelang ihm der endgültige Durchbruch – seither hält er sich (mit einer seltsamen, motivationsbedingten Unterbrechung) an der absoluten Weltspitze.

Jene beispiellose 2011er-Saison begann aber eigentlich schon im Dezember des Vorjahres, als er vor heimischem Publikum den Davis Cup gewann und diesen Triumph als das bis dahin größte serbische Erfolgserlebnis überhaupt bezeichnete. Das ganze Land stand Kopf, der „Djoker" löste einen bis heute anhaltenden Tennis-Boom aus. Später deutete er mehrfach an, welche Bedeutung dieser Sieg für ihn hat und welche Kräfte dadurch in ihm frei wurden. Unmittelbar danach begann seine Siegesserie.

Ganz ähnlich tickt Dominic Thiem. Neben einem technisch ähnlichen Spiel – eine auf Kraft und Ausdauer setzende Strategie ohne Paradeschlag, aber auch ohne Schwäche – ist die emotionale Bindung zu ihren Heimatländern die größte Gemeinsamkeit zwischen den beiden. Um vor österreichischem Publikum zu spielen, unterbricht Thiem die Hartplatz-Saison und schlägt in Kitzbühel auf Sand auf, was aus rein professioneller Sicht geradezu fahrlässig ist. Dafür wird er nächstes Jahr sogar auf die Olympischen Spiele in Tokio verzichten. Immer wieder betont er, wie wichtig es ihm ist, Kinder in Österreich zum Tennisspielen zu animieren. Und ein Vorbild für sie zu sein.

Hier also die These: Was Thiem zur Nummer eins der Welt fehlt, ist nur ein kleiner „Klick". Der Sieg in Wien könnte diesen Schalter im Kopf umlegen. So wie der Sieg in Belgrad 2010 Djokovic entfesselte.

Mitte 20 ist ein schönes Alter für den Sprung an die Weltspitze. Und für den Start einer Serie von Grand-Slam-Titeln. Um ein ganzes Land in eine nachhaltige Tennis-Hysterie zu stürzen. Wie einst Becker in Deutschland, Edberg in Schweden, Federer in der Schweiz, Nadal in Spanien. Klingt zu euphorisch und hochmütig? Wer das nach dem spektakulären Finale heute denkt, ist kein echter Tennisfan. Und wird wohl auch keiner mehr werden. Macht nichts. Für sie hat am Wochenende die Ski-Saison begonnen.

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