Kommentar

Torschlusspanik der Wiener SPÖ

Zwei Stadträte, die binnen zwölf Stunden Strategien präsentieren: Was ist da los?

Prokrastination – der Begriff könnte doch zu sperrig erscheinen, um im parteipolitischen Geschäft Furore machen zu können. Aber vielleicht leidet die durch Jahrzehnte an der Macht bequem gewordene Sozialdemokratie Wiens genau darunter: Dinge immer wieder aufzuschieben, um sie dann zum spätest möglichen Termin oder tatsächlich zu spät zu erledigen.

Jedenfalls ist es bemerkenswert, wenn plötzlich zwei Stadträte innerhalb von knapp mehr als zwölf Stunden der überraschten Öffentlichkeit Strategien vorstellen (Wirtschaft/Peter Hanke) oder ankündigen (Jugend/Jürgen Czernohorszky). Schön, wenn Politiker über den Tag hinaus denken und – hoffentlich! – handeln. Nur der Zeitpunkt macht ein wenig nachdenklich.

Könnte es sein, dass die SPÖ in Wien ein Jahr vor der nächsten Rathaus-Wahl in eine Art Torschlusspanik verfällt? Dass sie von der taumelnden Bundespartei ablenken will? Dass die Wiener Partei ihr eigenes historisch schlechtestes Nationalratswahlergebnis vergessen machen möchte? Und auch: Wie haben die beiden Stadträte, die eineinhalb (Peter Hanke) beziehungsweise bereits fast drei Jahre (Jürgen Czernohorszky) im Amt sind, politisch ohne einschlägige in die Zukunft weisende Strategie navigiert? Man muss nicht die Sentenz vom Abend, an dem der Faule fleißig wird, strapazieren. Aber man kann.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2019)

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