Hochwasser

Das unvollendete und jetzt schon veraltete Venediger Dammsystem "Mose"

"Mose" sollte schon seit 2013 Venedig vor Überschwemmungen wie im Jahr 1966 schützen, doch es wird immer noch daran gebaut.
"Mose" sollte schon seit 2013 Venedig vor Überschwemmungen wie im Jahr 1966 schützen, doch es wird immer noch daran gebaut.APA/AFP/MARCO BERTORELLO
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Die Bauarbeiten für das "Mose"-Projekt zum Schutz vor Hochwasser begannen bereits 2003. Die geplante Fertigstellung war 2013. Korruption ließ die Kosten explodieren.

Nach den massiven Hochwasser-Schäden in Venedig hat der Bürgermeister der Lagunenstadt, Luigi Brugnaro, nun gefordert, dass das ehrgeizige Bauprojekt zum Schutz vor Hochwasser - das "Mose"-Projekt - rasch zu Ende gebaut werde. Das System aus riesigen mobilen Deich-Modulen, die den Eingang der Lagune von Venedig bei drohendem Hochwasser versperren sollen, hätte bereits 2017 in Betrieb gehen sollen.

Wäre "Mose" ("modulo sperimentale elettromeccanico") schon einsatzfähig, hätte die jüngste Katastrophe vermieden werden können, meinte der Stadtchef. Doch ist nicht klar, ob der hydraulische Damm je in Betrieb gehen wird. Im Jahr 2003 begonnen, hätte der Bau schon 2011 abgeschlossen sein sollen. Nach einer Serie von Korruptionsskandalen rund um die Errichtung der Infrastruktur ist die Inbetriebnahme für 2021 vorgesehen. Doch die Konstruktion gilt bereits in wesentlichen Teilen als veraltetet.

Die Idee zu dem mobilen Deichsystem entstand bereits in den 60er-Jahren, nachdem 1966 eine Flut katastrophale Schäden in der Stadt verursacht hatte. Nach weiteren schweren Überschwemmungen erklärte die Regierung in Rom die Rettung Venedigs zu einer Angelegenheit von nationalem Interesse.

Seit 16 Jahren wird nun am vermeintlich rettenden "Mose"-Damm gebaut. Den Grundstein legte 2003 der damalige Premier Silvio Berlusconi, 2011 sollte Mose in Betrieb gehen. Der Start verschob sich zunächst auf 2014, dann auf Herbst 2017. Mittlerweile ist von Ende 2021 die Rede. Statt der geplanten 1,6 Milliarden Euro hat der Damm bereits 5,5 Milliarden verschlungen - korrupte Politiker und Unternehmer sahnten ab. 2014 kam es zu Verhaftungen, auch der damalige Bürgermeister Giorgio Orsoni wurde festgenommen. Aber auch technische Pannen verzögerten die Arbeiten.

Tanks füllen sich mit Luft

Bei normalem Pegel liegen die Module mit Wasser gefüllt auf dem Meeresgrund. Sobald das Wasser bis auf 110 Zentimeter über das normale Niveau steigt, wird Luft in die Tanks gepresst, sodass diese sich aufrichten und den Adriawellen den Weg in die Lagune versperren. Jedes der 78 Module, die auf vier Abschnitte verteilt sind, ist 20 Meter hoch, bis zu fünf Meter breit und zwischen 18 und 28 Meter lang.

Das "Mose"-Projekt ist seit Jahren umstritten. Umweltaktivisten behaupten, es sei für das Öko-System äußerst bedrohlich. Laut den Umweltschützern wird es aufgrund der weltweiten Klimaveränderungen künftig in Venedig weit häufiger Hochwasser geben, als es die "Mose"-Ingenieure einkalkulieren. In Hochwassermonaten wäre die Stadt somit fast ständig vom Frischwasser abgeschnitten und könnte sich schnell in eine Kloake verwandeln. Das Schleusensystem sollte bis Ende 2013 gebaut werden.

(APA)

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