Schauspielhaus Wien

Die Gefühle toben: „Im Herzen der Gewalt“

Tomas Schweigen gelingt eine tolle Dramatisierung des Romans von Edouard Louis.

Zu den Moden des Theaters gehört, dass der Vorhang bereits hochgezogen worden ist, ehe das Publikum hereinströmt. Im Schauspielhaus Wien hat bei der Premiere am Mittwoch Bühnenbildner Stephan Weber für die österreichische Erstaufführung von „Im Herzen der Gewalt“ einen Kompromiss gefunden: Der Großteil der Bühne ist noch schwarz verhängt. Musik setzt ein. Nur eine schmale Öffnung gibt einen eingeschränkten Blick auf ein Zimmer frei. Von dort hört man eine Frauenstimme. Ihrer Geschichte lauscht ein junger Mann, der seitlich an der Rampe steht. Kurz darauf erfährt man, dass diese Frau seine Schwester ist und dass sie seine Geschichte erzählt. Das anfängliche Bild aber vermittelt bereits mehr: Was die Wirklichkeit ist, wie viel man davon erkennt, bleibt stets auch eine Frage der Perspektive.

Der junge Mann heißt Edouard, so wie der französische Autor des autobiografisch gefärbten Romans, den Schauspielhaus-Direktor Tomas Schweigen in einer mit Tobias Schuster erstellten Bühnenfassung inszeniert hat. Edouard Louis, Jahrgang 1992, hat bereits 2014 in seinem Erstlingswerk, „Das Ende von Eddy“, seine Homosexualität und die Probleme als Außenseiter in der Provinz thematisiert. „Im Herzen der Gewalt“ führt offenbar selbst Erlebtes drastisch fort: Ein junger Mann lädt zu Weihnachten einen jungen Maghrebiner, Réda, zu sich in die Wohnung ein. Sie haben einvernehmlichen Sex. Als der Gast im Morgengrauen anscheinend einen Diebstahl begehen will und von Edouard gestellt wird, kommt es zu Gewalt. Réda würgt den Gastgeber, zückt eine Waffe, vergewaltigt ihn. Edouard geht zur Polizei, flüchtet zur Schwester, die er seit zwei Jahren nicht mehr gesehen hat. Und hört heimlich zu, als sie ihrem Mann alles erzählt.

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