Wirtschaft, Antimonarchisten Journalisten - Am Kuchen des schwedischen Hochzeitsspektakels naschen alle Seiten mit.
Am übernächsten Samstag, den 19. Juni, sollen sich die schwedische Kronprinzessin Victoria (32) und der ehemalige Fitnessclub-Besitzer Daniel Westling (36) in der Stockholmer Storkyrkan das Ja-Wort geben. Nicht nur für die weltweite Klatschpresse ist dies ein programmiertes Mega-Ereignis, auch der schwedische Handel, die Tourismus- und Transportbranche, die Stadtgemeinde Stockholm und sogar einzelne Bürger rechnen damit, dass dabei jede Menge für sie abfällt.
Kirche extra renoviert
Zur Hochzeitszeremonie in der um eineinhalb Millionen Euro extra für das Ereignis renovierten Hauptkirche Stockholms sind rund 1100 Gäste geladen. Dazu gehören neben Mitgliedern anderer Königsfamilien inklusive einiger Monarchen auch Diplomaten, Politiker und Freunde des Paares.
Harry hat was anderes vor
Welche Royals aus welchen Ländern aufkreuzen werden, ist derzeit noch ein wohlgehütetes Geheimnis des königlichen Hofes. Aus informierten Regierungskreisen in Stockholm war zu erfahren, dass beispielsweise der britische Prinz Harry ausrichten ließ, schon etwas anderes vor zu haben. Kaum in Stockholm zu Gesicht bekommen werde man auch den spanischen König Juan Carlos, hieß es aus der selben Quelle.
Berichterstatter gut versorgt
Das Außenministerium erwartet bei dem Ereignis über 2300 Journalisten, davon 700 aus aller Welt. Für sie stellen sowohl die Stadt Stockholm als auch Regierungskanzlei und Außenministerium eigene Medienzentren im Stil von politischen Großereignissen bereit.
Zimmer frei
Der schwedische Handel und die Hotellerie rechnen trotz zuletzt leicht gedämpften Erwartungen mit zusätzlichen Einnahmen in der Höhe von einigen Milliarden Kronen (hunderten Millionen Euro). Allein am Tag der Trauung werden in Stockholm rund 12.000 zusätzliche Touristen erwartet. Laut Ann-Charlotte Jönsson von der Stockholmer Tourismuswerbung gibt es immer noch freie Hotelplätze, die Buchungslage sei aber durchaus "gut" und habe in den letzten Tagen kräftig angezogen.
600 Euro pro Nacht
In diesem Zusammenhang wittern auch Einzelpersonen das große Geld. Auf den einschlägigen schwedischen Wohnungsportalen werden seit Wochen private Zimmer und Wohnungen zur Kurzzeit-Miete feilgeboten. Preise von 500 bis 600 Euro für eine oder ein paar Übernachtungen sind dabei keine Seltenheit.
Wer die Hochzeit bezahlt
In den Souvenirläden Stockholms hat Hochzeitskitsch aller Art Hochkonjunktur. Hoflieferanten und Handelsketten wie die Supermarktkette ICA haben von Schokolade über Kaffee bis hin zu Servietten gleich komplette Hochzeitsproduktserien kreiert und in die Regale gestellt. Zu den Sponsoren des Spektakels gehört praktisch alles, was an schwedischen Unternehmen Rang und Namen hat: Ikea, Volvo, Ericsson und die Telekom-Gesellschaft TeliaSonera sind nur die Offensichtlichsten davon.
Die Gegenveranstaltung
Auf der anderen Seite verhilft das von den Marketing-Strategen der Hauptstadt zum zweiwöchigen "LOVE Stockholm 2010"-Event aufgeblasenen Gesellschaftsereignis den über die Jahrzehnte hinweg fast vergessenen schwedischen Monarchie-Gegnern, den Republikanern, zu neuem Aufwind. Sie haben just am 19. Juni eine Gegenveranstaltung unter dem Namen "Love Republic" angekündigt. Dabei soll unter anderem der bekannte schwedische Liedermacher Mikael Wiehe für anti-royalistische Stimmung sorgen. Weitere prominente schwedische Republikaner sind Staranwalt Peter Althin und EU-Ministerin Birgitta Ohlsson.
Den König muss man sich leisten können
Neben den neu aufgeflammten Debatten über Sinn und Unsinn eines teuren Herrscherhausers sorgten einige weitere Details rund um die Königshochzeit für Aufmerksamkeit. Zum Beispiel der Umstand, dass König Carl XVI. Gustaf seine Tochter zum Altar führen soll, rief in Teilen der evangelisch-lutherischen Kirche Unmut hervor. Die Geste wird von vielen Pastoren abgelehnt, weil sie als Symbol der "Eigentumsübergabe" der Frau vom Vater an den Bräutigam interpretiert werden kann.
Skandale am Rande
Für Diskussionen in den Medien im Zusammenhang mit der Hochzeit sorgten auch: Königin Silvias Bemerkungen über die NS-Vergangenheit ihres Vaters, Prinzessin Madeleines geplatzte Verlobung und ihr mögliches Fernbleiben von der Hochzeit ihrer Schwester, die Anti-Islam-Passage im Augsburger Bekenntnis sowie die trotz jüngsten Ahnenforschungs-Teilerfolgen mangelhafte Blaublütigkeit des künftigen Prinzgemahls.
(APA)