Italien

Der tiefe Fall der Fünf-Sterne-Bewegung

APA/AFP/ANDREAS SOLARO
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Die „Grillini"-Basis stimmt gegen ihren Chef Di Maio und stürzt die zunehmend unpopuläre Partei noch weiter ins Chaos. Wirkt sich das Fünf-Sterne-Debakel nun auf die Regierung in Rom aus?

Italiens mitregierende Fünf-Sterne-Bewegung stürzt zunehmend ins Chaos: Nicht nur plagen die „Grillini“ rasant sinkende Umfragewerte. Nun rebelliert die Basis auch offen gegen die eigene Führung. Bei einer Online-Abstimmung auf der Internet-Plattform Rousseau erteilten die Mitglieder der Bewegung ihrem Anführer, Außenminister Luigi Di Maio, einen herben Schlag: 70,6 Prozent stimmten erstmals offen gegen einen Beschluss der Parteilinie.

Konkret ging es um einen Antrag des 33-Jährigen, bei den für 26. Jänner geplanten Regionalwahlen in der mittelitalienischen Emilia Romagna und im süditalienischen Kalabrien als Einzelpartei anzutreten. Di Maio wollte bis März eine „Wahlpause“ einlegen - um ein weiteres peinliches Debakel wie bereits bei vorherigen Wahlen zu vermeiden und die Partei neu aufzustellen. Dafür hätten die Fünf-Sterne die Kandidaten der Linksdemokraten unterstützen sollen, um den laut Umfragen möglichen Wahlieg der rechtspopulistischen Lega zu verhindern. Fünf Sterne und Linksdemokraten regieren miteinander, seit Lega-Chef Matteo Salvini im August das Bündnis mit den „Grillini“ aufgelöst hatte.

„Wir sind in einer schwierigen Phase“,  räumte nun Di Maio ein. Bereits seit Längerem gibt es offene Forderungen innerhalb der Bewegung, dass er den Chefsesel räume. Di Maio wird dafür verantwortlich gemacht, dass die bei den Parlamentswahlen 2018 stimmenstärkste Partei in Umfragen und Regionalwahlen auf ihr historisches Tief gefallen ist. Viele „Grillini“ nehmen ihm auch das Regierungsbündnis mit dem Erzfeind, den Linksdemokraten, übel. Als möglicher Nachfolger Di Maios wird unter anderem der charismatische - und radikale - „Grillino“ Alessandro Di Battista genannt.

„Wir sitzen auf einer Atombombe"

Die vom Künstler Beppe Grillo gegründete Bewegung ist dermaßen zwischen „Realos“ und „Fundis“, „rechtem“ und „linkem“ Flügel gespalten, dass zuletzt der Komiker persönlich einschreiten und immer wieder ein Machtwort sprechen musste, um seine Leute zu disziplinieren. Eigentlich hatte sich Grillo aus dem politischen Geschehen zurüziehen wollen. Auch nach dem Anti-Di-Maio-Votum ist Grillo gefragt: Der Komiker wird heute zu einer Fünf-Sterne-Krisensitzung nach Rom reisen.  „Wir sitzen auf einer Atombombe“, sagt frustriert ein hochrangiges Mitglied der Bewegung.

Die Regionalwahlen Ende Jänner werden der nächste Härtetest für die Fünf-Sterne, das süditalienische Kalabrien ist eine Hochburg der Bewegung. Doch viele, vor allem süditalienische Wähler, haben sich bereits enttäuscht von den Grillini abgewendet: Sie fühlen sich von der Bewegung betrogen, die ihnen finanzielle Unterstützung und Arbeitsplätze versprochen hatte. Und auch in der einstigen roten Hochburg, Emilia Romagna, droht eine herbe Niederlage: Dort liegen die Fünf Sterne in Umfragen bei peinlichen acht Prozent.

Vor allem ist das Abstimmung ein Test für die erst seit September amiterende und bereits heftig kriselende Regierung: Verliert die Linke auch „ihre“ Emilia Romagna - und das ist nach dem Alleingang der Fünf Sterne jetzt wahrscheinlicher. Dann wird dieses politische Erdbeben wohl bis nach Rom zu spüren sein.

(basta. )

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