Starke Kommunisten, unpopuläre schwarze Reformen oder neue Mehrheiten: Die Landtagswahl zeigte regionale Besonderheiten auf.
Wien. Die ÖVP ist die große Siegerin, SPÖ und FPÖ sind die Verlierer der steirischen Landtagswahl. Doch wenn man sich die Ergebnisse im Detail ansieht, lassen sich noch andere interessante Erkenntnisse finden.
Hammer und Sichel im Landtag
Im Vorfeld war nicht klar, ob es die Kommunisten wieder in den Landtag schaffen. Nun gewannen sie sogar noch Stimmen dazu. Hauptverantwortlich dafür war das Ergebnis in der Landeshauptstadt Graz, in der die Kommunisten diesmal 13 Prozent machten, Damit blieben sie nur zwei Prozent hinter den Sozialdemokraten, die in Graz zweistellig verloren.
Das gute KPÖ-Ergebnis mag Wiener Beobachter überraschen, auf der anderen Seite des Semmerings ist die Verwunderung endenwollend. Im Grazer Gemeinderat sind die Kommunisten sogar zweitstärkste Partei und stellen doppelt so viele Mandatare wie die SPÖ. Der einstige Grazer KPÖ-Chef Ernest Kaltenegger hatte mit einer bürgernahen Politik (Verzicht auf Großteil der Bezüge, Hilfe bei Wohnungsnot) die steirischen Kommunisten populär gemacht. Überraschend ist also höchstens, dass Kalteneggers politische Erben auch Jahre nach dessen Abschied aus der Politik reüssieren können.
Die Rache der Spitalsgegner
Die ÖVP fuhr ihre stärksten Verluste in Altaussee (minus 15 Prozentpunkte) in Bad Aussee und in Rottenmann ein. Das ist wohl kein Zufall, sondern Ergebnis der Debatte um ein neues Leitspital für den Bezirk Liezen in Stainach-Pürgg. Dieses soll die drei bisherigen Krankenhausstandorte Schladming, Rottenmann und Bad Aussee ersetzen. Auch wenn sich bei einer Volksbefragung im Bezirk eine Zwei-Drittel-Mehrheit gegen den Plan der Landesregierung und von Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP) ausgesprochen hatten. Einige Bürger nutzten offenbar die Wahl, um deswegen mit der Volkspartei abzurechnen.
Home, Sweet Home
Im obersteirischen Murau kam die SPÖ vergleichsweise gut davon. Ihre Verluste betrugen im Bezirk Murau am Wahlabend nur 0,8 Prozentpunkte. In der Bezirkshauptstadt Murau selbst stand sogar ein kleines Plus vor dem roten Ergebnis. Interessant ist das deswegen, weil der streitbare Sozialdemokrat Max Lercher aus Murau kommt. Er könnte in einem möglichen Kampf um den Parteivorsitz auf das gute Ergebnis in der Heimat verweisen.
Bei seinen Nachbarn wohlgelitten scheint aber auch FPÖ-Spitzenkandidat Mario Kunasek zu sein. Sein Heimatort Gössendorf (Graz Umgebung) war die einzige steirische Gemeinde, in der die Freiheitlichen auch diesmal noch stimmenstärkste Partei wurden.
Grün, grüner, Graz
Graz ist der Albtraum aller Wahlforscher, denn in keiner Stadt wechseln die Bürger bei Wahlen so oft ihre Lieblingspartei. In früheren Zeiten galt die Regel, dass das rechte Murufer (auf der Landkarte links, weil die Mur von Norden gen Süden fließt) der SPÖ gehört. Da linke (noblere) Ufer wählte hingegen ÖVP. Zwischendurch erkämpfte die FPÖ die Arbeiterbezirke, während die Grünen in die Bastionen des Bürgertums eindrangen. Nun heißt das neue Match Innen- gegen Außenbezirke. Am Wahlabend waren alle Innenstadtbezirke (egal auf welcher Seite der Mur) in grüner Hand, alle Außenbezirke in schwarzer. Die Gewinne in Graz blieben für die ÖVP insgesamt bescheiden (plus ein Prozent). Die Volkspartei blieb nach Auszählung der Wahlkarten am Montag aber hauchdünn (148 Stimmen) vor den Grünen stärkste Partei.
Pinke Protestanten
Graz ist auch hauptverantwortlich dafür, dass die Neos erstmals in den Landtag einziehen. Den größten Stimmenzuwachs im Lande konnten die Pinken aber nicht im urbanen Bereich, sondern in der Ramsau verzeichnen (plus 7,7 Prozentpunkte). Die Bevölkerung des Ortes ist seit der Reformation mehrheitlich evangelisch geblieben und stellt damit eine Besonderheit in der katholischen Steiermark dar. Ein Grund für die Neos-Zugewinne dürfte aber auch hier die Spitalsdebatte im Bezirk Liezen sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2019)