Er habe die Partei mit 10,57 Millionen Euro Schulden zurückgelassen, nicht mit 14,9 Millionen Euro, schreibt Christian Kern in einem Brief an die SPÖ-Führungsriege - und verweist auf seine Erfolge als Obmann.
Die SPÖ hat sich einen Sparkurs verordnet - das Ziel: 2025 soll die Partei schuldenfrei sein. Eine schwere Aufgabe, wie Parteiobfrau Pamela Rendi-Wagner mehrfach betonte. Immerhin habe sie die Partei mit einem hohen Schuldenstand übernommen. Aussagen, die Rendi-Wagners Vorgänger als Parteichef, Christian Kern, so nicht stehen lassen wollte. Am Donnerstag veröffentlichte er auf Facebook einen Brief an die aktuelle Führungsriege der Partei, in dem er an eigene Erfolge, aber auch die an inneren Widerständen gescheiterte Organisationsreform erinnert. „Ich hätte gerne darauf verzichtet, mich zu äußern“, beteuert er darin. „Die verbreiteten Unterstellungen lassen mir aber keine Wahl."
Kern präsentierte seine kurze Zeit an der SPÖ-Spitze als anfängliche Erfolgsgeschichte. Er habe nie das Gefühl gehabt, "einen 'Rucksack voller Steine' übernommen zu haben, sondern habe es als großes Privileg gesehen, die SPÖ anführen zu dürfen", setzte er einen Seitenhieb gegen seine Nachfolgerin, die davon gesprochen hatte, einen solchen von Kern übernommen zu haben.
Kern nennt Schuldenstand von 10,57 Millionen Euro
Nach den „betrüblichen Ereignisse am 1. Mai 2016", als der damalige Parteichef Werner Faymann am Wiener Rathausplatz ausgebuht wurde, und nach der Niederlage bei der Bundespräsidentenwahl habe er die SPÖ übernommen und von 21 auf 29 Prozent in den Umfragen geführt. Finanziell habe er die Partei nach Sanierungsschritten mit 10,57 Millionen Euro Schulden zurückgelassen, nicht mit 14,9 Millionen Euro, betonte er.
Rendi-Wagner und SPÖ-Bundesparteikassier Christoph Matznetter bestritten diese Darstellung zuletzt: Die Bank- und sonstigen Verbindlichkeiten der SPÖ-Bundespartei haben ihren Angaben zufolge Ende 2018 14 Millionen Euro betragen. Davon seien 12,5 Millionen Euro auf Bankverbindlichkeiten und 1,5 Millionen auf sonstige Verbindlichkeiten entfallen, teilte der Kassier per Aussendung mit.
Tausend neue Parteimitglieder
Politisch verwies Kern in seiner Stellungnahme auf tausende neue Parteimitglieder, Zugewinne bei Landtagswahlen und ein ausgearbeitetes Parteiprogramm mit dem Klimawandel an prominenter Stelle. Die Organisationsreform hätte zudem eine weitgehende Demokratisierung der SPÖ gebracht. „Man hat sich dann aber entschlossen, einen anderen Kurs einzuschlagen. Das ist selbstverständlich das gute Recht der Führung. Aber dann sollte man auch zu den Konsequenzen dieser Entscheidungen stehen", kritisierte Kern und erinnerte an den seither erfolgten Absturz beim Wählerzuspruch.
„Mein Abschied von der Parteispitze hat viele enttäuscht. Vielleicht verstehen manche im Lichte der jüngsten Ereignisse meine Entscheidung nunmehr besser. Ich habe im Wahlkampf 2017 erlebt, welchen Schaden Illoyalität verursachen kann. Und in der Oppositionszeit konnte man den Eindruck gewinnen, dass unser größter Gegner in den eigenen Reihen sitzt", meinte er. Und weiter: „Ich habe mich dennoch öffentlich mit Äußerungen zurückgehalten, um das Unglück nicht noch zu vergrößern. Aber ich habe auch keinen Sinn darin gesehen, mich von den 'eigenen' Leuten scheibchenweise abmontieren zu lassen - und die SPÖ gleich mit dazu. Wir werden uns aus dieser Situation nur dann befreien können, wenn wir die SPÖ ernsthaft und konsequent demokratisieren."
>>> Offener Brief von Christian Kern
(APA/Red.)