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Dubai-Shoppingkritik

Künstlich. Megabaustelle Dubai: Architektonisch ist die aus dem Boden geschossene Metropole ein Sight. Touristen vertreiben sich die Zeit sonst noch mit Shoppen.
Künstlich. Megabaustelle Dubai: Architektonisch ist die aus dem Boden geschossene Metropole ein Sight. Touristen vertreiben sich die Zeit sonst noch mit Shoppen.(c) REUTERS
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Bin ich zu alt für Shopping? Mich freut, wenn junge Leute das auch sind: Denkbeispiel Dubai.

Dubai hab ich nie verstanden. ­Vielleicht hab ich das Konzept Shopping nie verstanden? Ich gehe gern einkaufen, wenn ich etwas brauche –
am liebsten übrigens Schuhe –, aber ich würde nie losziehen, um Unvorherge­sehenes zu kaufen. Mir verschaffte das einfach einen zu geringen psychischen Gewinn. Auf mich wirkt Dubai im Speziellen und Shoppingmall im besonderen ziemlich ungeil. Respekt habe ich höchstens vor architektonischen Kraftanstrengungen, dem Burj Khalifa und den Palm Islands, deren Anblick mir aber auf Abbildungen oder meinetwegen bei Zwischenlandungen von oben reicht. Doch die, die Dubai „geil" finden, erzählen fast ausschließlich von ihren „geilen" Einkaufsbeutezügen.

Auch jüngere, coolere Menschen als ich üben Dubai-Shoppingkritik. Die 1998 geborene Südafrikanerin Saskia Bailey, bestimmt keine Ikone der Nachhaltigkeit oder des Konsumverzichts, beschreibt im Buch „Whatever", ihrer „Autobiografie für das 21. Jahrhundert", den Vereinigten Arabischen Alptraum: „Dubai als Konzept ist einfach extrem durchgeknallt; es ist so unnatürlich, und es stößt mich ab, zu denken, dass eines Tages alle Menschen in solchen Städten wohnen werden, weil alle unsere Ressourcen aufgebraucht sind und wir in Metalldosen scheißen werden, die wir dann am Meeresboden begraben, und Kapseln essen müssen mit Substanzen, die dem Nährwert von Fleisch entsprechen."

Ich hab Dubai ja auch versucht! Einmal kaufte ich einen großartig billigen Grüffelo-Kinderpyjama. Erst daheim merkte ich, dass ich mich um eine Zehnerpotenz zu meinen Ungunsten verrechnet hatte. Ein andermal fuhr ich Metro. Es war eine moderne, angenehme Garnitur, aber irgendwas stimmte da nicht. Nach zwei oder drei Stationen begriff ich: Es gab keine alten Menschen und keine Kinder! Die Metro wurde nur von Touristen und Billigarbeitern benützt, die hier einige Lebensjahre Dienst verrichteten für die Eigentümer der Stadt. Ihre Familien befanden sich woanders, ihr Leben war ausgelagert, ebenso wie Dubais Seele sich woanders befindet, Dubais Herz ausgelagert ist oder gar nicht schlägt.

www.amanshauser.at

("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 22.11.2019)

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