EM 2020

Die vorgezogenen Finalspiele

Dem deutschen Teamchef Joachim Löw war die begrenzte Freude ob der schwierigen Gruppe anzusehen.
Dem deutschen Teamchef Joachim Löw war die begrenzte Freude ob der schwierigen Gruppe anzusehen.REUTERS
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Die Gruppe mit Deutschland, Frankreich und Portugal verspricht Klasse und Spannung. Löw hält am Ziel fest.

Bukarest/Wien. Hammerlos und Todesgruppe urteilten die einen, „Die Schwergewichte, welch Geschenk!“ schrieb indes die französische Zeitung „L'Équipe“. Duelle zwischen Deutschland (Weltmeister 2014), Frankreich (Weltmeister 2018) und Portugal (Europameister 2016) – dem ebenfalls in Gruppe F gelosten Nations-League-Play-off-Sieger bleibt nur die Nebenrolle – ergab die Auslosung für die EM-Endrunde 2020 am Samstagabend in Bukarest. Die Gala war ob des komplizierten Regelwerks zwar mehr zu einer Setzung denn Auslosung verkommen, ausgerechnet Ex-DFB-Teamspieler Philipp Lahm bescherte den vermeintlich so oft vom Glück bevorzugten Deutschen diesmal die schwierigste Gruppe des Turniers.

Während Frankreichs Teamchef Didier Deschamps und sein portugiesisches Pendant Fernando Santos mit einem gequälten Lächeln reagierten, saß DFB-Teamchef Joachim Löw mit stoischer Miene im Publikum. Im weiteren Verlauf des Abends konnte er dem Ganzen schon Positives abgewinnen. „Ich finde, die Spannung erhöht sich, die Vorfreude steigt und die Begeisterung schwappt ein bisschen über“, so der einstige Trainer von Austria und FC Tirol.

Ende der Schonzeit

Wie schwer die Aufgaben bei den Heimpartien in der Münchner Allianz Arena am 16. und 20. Juni gegen Weltstars wie Kylian Mbappé und Cristiano Ronaldo sein werden, hat Oliver Bierhoff verdeutlicht. Für den deutschen Teammanager stehe fest, dass der nach dem WM-Desaster 2018 eingeleitete Umbruch nun seinen Härtetest finden werde, man der jungen Mannschaft keine Schonzeit mehr geben könne. „Wir werden jetzt schon im Jänner in die Köpfe der Spieler setzen, dass Meisterschaft und Champions League wichtig sind, aber dass man schon im Kopf hat, dass da im Sommer eine ganz große Aufgabe wartet. Wir dürfen in der Vorbereitung kein Prozent liegen lassen“, betont Bierhoff.

Auch Löw weiß, dass in seinem siebenten Turnier als Cheftrainer die Wettkampfhärte zum entscheidenden Faktor wird. Testspiele gegen Spanien im März und die Schweiz im Trainingslager Ende Mai im Tiroler Seefeld sind bereits vereinbart, für die zweite Märzpartie wird nach einem weiteren Hochkaräter gesucht. „Umso stärker die Gegner sind, umso besser für uns. Das sind Spiele, die wir jetzt brauchen“, so der 59-Jährige. An der Zielsetzung für seine vierte EM-Endrunde ändere die Gruppe jedoch nichts. „Die letzten Turnierspiele sind in London, das ist unser Ziel“, betont Löw. Ähnlich formuliert es Bierhoff: „Wenn man ein Turnier spielt, will man bis zum Ende marschieren.“

Frankreichs Teamchef Didier Deschamps war die Herausforderung dieser Auslosung ebenfalls bewusst. „Bei der Klasse unserer Gegner müssen wir direkt Leistung bringen. Es ist die schwerste aller sechs Gruppen, wir kennen die Qualität der Gegner“, befand der Weltmeistertrainer, dessen Mannschaft am ehesten die Favoritenrolle zugesprochen wird. Auch Portugals Fernando Santos erwartet keine Überraschungen. „Alle kennen sich gut. Portugal hat das Selbstverständnis, dass wir gegen jeden Gegner bestehen können“, sagte der Trainer. Auf dem Weg zum Titelgewinn 2016 wurde sein Team in der Gruppe mit Österreich nur Dritter und kam erst danach auf Touren.

Der Jackpot für München

München hat als Spielort mit diesen Krachern jedenfalls den Jackpot geknackt. Insofern nahm „Losfee“ Lahm die Heckeleien seiner Landsleute mit Humor. „Als Botschafter der Stadt München muss ich sagen, dass die Auslosung ganz in Ordnung ist. Mit Frankreich und Portugal in einer Gruppe, das ist sehr interessant. Alle Fans in Deutschland können sich freuen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2019)

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