Der Begriff „Green Finance“ umfasst nach breitem Verständnis das gesamte Spektrum finanzwirtschaftlicher Ansätze und Instrumente zum Schutz von Umwelt und Klima.
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Die grüne Finanz

Wollen die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht werden, gilt es neben öffentlichem auch privates Kapital für den Umweltschutz zu mobilisieren. Das Schlagwort heißt Green Finance, zu den Innovationstreibern zählt Österreichs größtes Stromunternehmen Verbund.

Extreme Wetterbedingungen wie Dürren, Hitzewellen, schwere Regenfälle, Überschwemmungen und Erdrutsche, die immer häufiger auftreten, der Anstieg des Meeresspiegels, die Versauerung der Ozeane, der Verlust der Biodiversität – die Folgen der sich verändernden klimatischen Bedingungen sind nicht mehr zu leugnen. Im Fokus steht vor allem der Temperaturanstieg. So sind laut Angaben des Copernicus-Klimawandeldienstes die globalen Durchschnittstemperaturen auf der Erde heute um 0,85 Grad Celsius höher als zu Ende des 19. Jahrhunderts, Tendenz stark steigend. Das letzte Jahrzehnt war das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, 16 der 17 wärmsten Jahre traten nach dem Jahr 2000 auf. Wissenschaftler halten einen Anstieg um zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau für einen Schwellenwert mit gefährlichen und katastrophalen Folgen für Klima und Umwelt.

Netto-Null-Emission

Ein Großteil der wissenschaftlichen Belege deutet darauf hin, dass die klimatischen Veränderungen auf den Anstieg der durch den Menschen produzierten Treibhausgasemissionen zurückzuführen sind. Die Dekarbonisierung der Energie- und Wirtschaftssysteme ist folgerichtig eine der wesentlichsten Herausforderungen, der sich die Staatengemeinde zu stellen hat. Klar ist auch, dass der Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft den massiven Einsatz finanzieller Mittel erfordert.

Rund 180 Milliarden Euro pro Jahr an zusätzlichen Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien benötigt alleine die Europäische Union, will sie wie geplant die CO₂-Emissionen bis 2030 um 40 Prozent (gegenüber dem Vergleichsjahr 1990) reduzieren. Bis 2050 hat sich die EU im Rahmen des Pariser Klimaabkommens dazu verpflichtet, die Treibhausgasemissionen sogar um mindestens 80 Prozent zu senken. Als Folgeziel für die zweite Hälfte des 21. Jahrhunderts wurde Klimaneutralität ausgegeben, sprich ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre, Stichwort Netto-Null-Emission.

Öffentliches und privates Kapital

Rund 20 Prozent des EU-Haushaltes 2019 in Höhe von 165,8 Milliarden Euro werden für die Bekämpfung des Klimawandels aufgewendet. Das Europäische Parlament tritt dafür ein, den Klimaschutz-Anteil am Budget auf 30 Prozent zu erhöhen. Zu finanzieren gilt es den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, saubere Heiz- und Kühlsysteme sowie Maßnahmen zur thermischen Sanierung öffentlicher Gebäude, die Förderung der Energieeffizienz, um Industrieprozesse zunehmend CO₂-frei zu gestalten, den Ausbau erneuerbarer Energiesysteme u.va.m. Einig sind sich die Experten, dass öffentliche Gelder alleine die erforderlichen Investitionen in Klimaschutz- und Umweltprojekte nicht decken können. Die EU arbeitet in diesem Sinne daran, private Investitionen anzuziehen.

Das Parlament und der Rat befassen sich zudem mit neuen Regeln für nachhaltige Investitionen, die Investoren, Unternehmen und Entscheidungsträgern als Orientierungshilfe dienen sollen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten und Investitionen als „grün“ anzusehen sind. Um Privatkapital in nachhaltige Investitionen zu lenken und gegenüber anderen Investitionsmöglichkeiten attraktiver zu machen, wurden von der EU Kommission mit der Vorlage eines Aktionsplans, das sogenannte Sustainable Finance Package, und eines legistischen Pakets erste Schritte gesetzt.

"Die Standardisierung von nachhaltigen Finanzprodukten ist aus unserer Sicht eine wichtige Maßnahme“, sagt Peter Kollmann, Corporate Financial Officer bei Verbund.
"Die Standardisierung von nachhaltigen Finanzprodukten ist aus unserer Sicht eine wichtige Maßnahme“, sagt Peter Kollmann, Corporate Financial Officer bei Verbund.(c) Verbund

Mein Name ist Bond, Green Bond

„Wir begrüßen die Idee, dass ein EU-weit harmonisiertes System zur Klassifizierung von nachhaltigen Investitionen/Wirtschaftsaktivitäten etabliert wird. Die Standardisierung von nachhaltigen Finanzprodukten ist aus unserer Sicht eine wichtige Maßnahme“, sagt dazu Peter F. Kollmann, Chief Financial Ofiicer (CFO) von Verbund. Nachhaltige Finanzprodukte sind für den Energiekonzern bereits seit Jahren ein zentrales Thema, wie der bereits 2014 platzierte erste Green Bond eines Unternehmens im deutschsprachigen Raum zeigt. Die Anleihe hatte ein Volumen von 500 Millionen Euro und diente der Re-/ Finanzierung nachhaltiger Projekte (Energieeffizienzmaßnahmen in österreichischen Wasserkraftwerken, Windprojekte in Österreich und Deutschland). „Der Green Bond war mehr als dreifach überzeichnet und wurde sehr erfolgreich platziert.

»Seit 2015 richtet Österreichs führendes Stromunternehmen seine Veranlagung der Mittel für Sozialkapital an nachhaltigen Kriterien aus.«

„Die Anleihe generierte insbesondere große Nachfrage bei umwelt- und sozialverantwortlich agierenden Investoren, die zwei Drittel der Emission zeichneten“, sagt Andreas Wollein, Verbund-Leiter Finanzmanagement, M&A und Investor Relations. Seit 2015 richtet Österreichs führendes Stromunternehmen seine Veranlagung der Mittel für Sozialkapital an nachhaltigen Kriterien aus. So werden lediglich Investitionen in Wertpapiere getätigt, die auf Basis sozialer, ökologischer und ethischer Kriterien als nachhaltig eingestuft werden. Damit einher geht die Definition strenger Ausschlusskriterien (zum Beispiel Atomkraft, Rüstung, Kinderarbeit etc.).

Grüner Strom für 300.000 Abnehmer

Einen Meilenstein – nicht nur in der Nachhaltigkeits- sondern auch der Digitalisierungsstrategie des Konzerns – setzte Verbund 2018 mit dem weltweit ersten grünen Schuldschein über eine vollintegrierte digitale, blockchain-fähige Emissionsplattform (Volumen von 100 Millionen Euro). Gewidmet wurden die Mittel aus dem Schuldschein einem besonders nachhaltigen Projekt, nämlich der Revitalisierung des 220 kV-Hochspannungsnetzes für den Abschnitt St. Peter am Hart nach Ernsthofen, Oberösterreich. In diesem Abschnitt von rund 110 km Länge wird vor allem erneuerbarer Strom vom Donaukraftwerk Aschach und mehreren Windkraftanlagen eingespeist, der wiederum an etwa 250.000 Haushalte und 50.000 Unternehmen verteilt wird. Durch die Revitalisierung der vor 80 Jahren erbauten Hochspannungsleitung werden Versorgungssicherheit, Netzstabilität und Effizienz erhöht, die Netzverluste um bis zu 70 Prozent reduziert sowie Netzgeräusche verringert. Die Bauzeit beträgt vier Jahre (bis 2021).

Nachhaltig kreditwürdig

Eine Novität stellt auch der im Dezember 2018 von Verbund emittierte, weltweit erste rein nach Nachhaltigkeitskriterien bewertete Kredit dar (in der Höhe von 500 Millionen Euro, platziert bei einem aus 12 nationalen und internationalen Banken bestehenden Konsortiums). „Es handelt sich dabei erstmals um einen Kredit, dessen Zinssatz über die gesamte Laufzeit nicht mehr nach dem Finanz-Rating bei den etablierten Finanz-Ratingagenturen, sondern nach dem Rating einer Nachhaltigkeits-Ratingagentur, Sustainalytics, bestimmt wird“, erläutert Andreas Wollein. Sustainalytics gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Environmental Social Governance (ESG) Bewertungen.

Die Nachhaltigkeits-Ratingagentur hat Verbund untersucht und mit dem ESG-Risiko-Rating bewertet, der für den Kredit herangezogen wurde. Verschlechtert sich das Nachhaltigkeits-Rating von Verbund, steigen die Kosten des Kredites, verbessert es sich, sinken die Kosten. Dazu CFO Peter Kollmann: „Die Bedeutung liegt in der Entkopplung vom etablierten Finanzrating. Mit diesem Schritt unterstreichen wir die Glaubwürdigkeit unserer Nachhaltigkeitsstrategie und geben international einen weiteren Impuls in Richtung Green Finance als Innovationstreiber vor.“

In Kürze

Verbund unterzieht sich einer freiwilligen, jährlichen Prüfung des Unternehmens auf Nachhaltigkeit durch die externe Nachhaltigkeitsagentur ISS-oekom.

Aktuell hat Verbund ein „Prime“-Rating und ist von 179 Unternehmen im Versorger-Sektor auf Platz 4.

Ein „Prime“-Rating bedeutet aus Sicht von ISS-oekom, dass Unternehmen ihre CO₂-Emissionen in Einklang mit dem 2-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens gebracht haben.

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