Im von der Queen verlesenen Programm lässt Premier Boris Johnson Ambitionen für zehn Jahre erkennen.
London. Seit seiner Bestellung zum britischen Premier am 24. Juli hatte Boris Johnson auf diesen Moment hingearbeitet. Ausgestattet mit einer satten Mehrheit durfte Boris Johnson Queen Elizabeth zum Vortrag seines Regierungsprogramms ins Parlament bitten. „Priorität meiner Regierung ist es, den Austritt Großbritanniens aus der EU am 31. Jänner umzusetzen“, verlas die Monarchin. Während Johnson in Zufriedenheit strahlte, machte Oppositionsführer Jeremy Corbyn ein Gesicht, als würde er seiner eigenen Beerdigung beiwohnen. Seit dem Wahldebakel in der Vorwoche ist er ein gebrochener Mann.
Nur acht Minuten dauerte der monotone Vortrag der Queen, die in Begleitung ihres ältesten Sohns in den Palast von Westminster gekommen war. Prinz Charles schien schon nach wenigen Worten mit dem Schlaf zu kämpfen. Mit gutem Grund: Weite Teile der bereits 66. Queen´s Speech der Regentschaft von Königin Elizabeth waren identisch mit der letzten Rede Mitte Oktober. Die Regierung will mehr ins Gesundheitswesen stecken, die Einwanderung neu regeln und Law and Order stärken.
Bereits am Freitag nehmen die Abgeordneten die Beratungen über das EU-Austrittsgesetz auf. Ein symbolischer Akt, denn Freitagabend geht das Parlament in die Weihnachtsferien. Mit einer Mehrheit von 80 Sitzen muss Johnson aber nicht mehr um die Zustimmung bangen.
Wie die Regierung ankündigte, will sie ein Gesetz einreichen, das die Übergangsfrist nach dem Brexit mit Ende 2020 festlegt. Für ein umfassendes Abkommen zwischen Großbritannien und der EU bleibt da kaum Zeit. Raoul Ruparel, Berater von Johnson Vorgängerin Theresa May, warnt, mehr als ein „schmales und seichtes Abkommen“ werde nicht möglich sein. Er schließt selbst einen harten Brexit „ausdrücklich nicht“ aus.
Große Visionen
Johnson will den EU-Austritt jedenfalls so rasch als möglich hinter sich lassen. In seiner schriftlichen Einleitung zur Queen´s Speech entwarf er große Visionen: „Stellen wir uns vor, wo unser Land in zehn Jahren stehen könnte.“ Von Krankenhäusern über die Polizei bis zur Erziehung spannt er den Bogen, um mit den Worten zu enden: „Ein Großbritannien, das sich auf ein höheres Niveau erhebt und sich vereint.“
Obwohl seine Erklärung der Wirtschaft keine Versprechungen machte, hielt die Bank of England an ihrem positiven Ausblick nach dem Brexit fest: Nach „nur marginalem Wachstum“ im vierten Quartal 2019 werde das Wachstum 2020 „unterstützt von geringerer Unsicherheit und etwas gelockerter Fiskalpolitik“ wieder anziehen.
Weniger erbaut von den Einigkeitsappellen zeigte sich dagegen die schottische Regierungschefin. Nicola Sturgeon stellte ein Papier vor, das die nächsten Schritte zur Unabhängigkeit skizziert. In einem Schreiben an Johnson verlangte sie zudem die Übertragung des Rechts auf Ausschreibung einer verbindlichen Volksabstimmung über die Unabhängigkeit von London. Johnson hat jedes Entgegenkommen kategorisch ausgeschlossen.