Im Kino

„Glück gehabt“: Einmal ein wilder Kerl sein

In der Literaturverfilmung „Glück gehabt“ spielt Philipp Hochmair einen Mann, der sich gegen eine Affäre nicht zu wehren weiß.

Aus ihm hätte so viel werden können, sagen die Leute über Artur, doch er will das nicht hören. Was spricht denn schon dagegen, als Akademiker den halben Tag in Adiletten und Wollpullover durch die Wohnung zu schlurfen, Cartoons zu zeichnen, manchmal Kindern Nachhilfe zu geben und zwecks Lebensunterhalt in einem Copy-Shop die Kopierer zu beaufsichtigen (während die Ehefrau Karriere macht)? Es ist jedenfalls ein bequemes Leben, und in der Bequemlichkeit hat sich Artur gut eingerichtet. Das Glück, findet er, soll man nur nicht zu sehr herausfordern: „Ich würde nie Lotto spielen, ich hätte panische Angst zu gewinnen.“

Philipp Hochmair spielt lustvoll gequält den anspruchslosen Protagonisten in Peter Payers Film „Glück gehabt“ nach Antonio Fians Roman „Das Polykrates-Syndrom“. Dieser ist benannt nach dem griechischen Herrscher, der seinem Glück der Legende nach nicht getraut hat, weshalb er seinen größten Schatz, einen geliebten Ring, ins Meer warf – was auch nichts half. Der Ring kam ungefragt zurück, und auch der Artur im Film ist vor allem getrieben von Dingen, die ihm zustoßen, ohne dass er nennenswerten Widerstand geleistet hätte: eine außereheliche Affäre, ein blaues Auge, ein Wodka-Rausch, eine Verwicklung in eine gewagte Leichen-Beseitigungsaktion, ein ziemlich wackeliges Lügengerüst.

Es ist kein schmeichelhaftes Männerporträt, das hier gezeichnet wird: Prinzipienlos, naiv, unentschlossen ist dieser Artur. Dafür, dass er dem Glück gegenüber so misstrauisch ist, lässt er sich erstaunlich vorbehaltlos auf eine Frau ein, bei der ihm doch auffallen müsste, dass sie je nach Situation den Dialekt wechselt und auch sonst ziemlich eigenschaftslos ist. Julia Roy spielt die verführerische Alice, die spricht, als würde sie ein geheimes Skript einhalten, und Artur kontrolliert, indem sie Dinge sagt wie: „Liebst du mich denn nicht?“

Hat den Regisseur der Mut verlassen?

Ihre Motive bleiben im Lauf des Films ebenso liegen wie die Ansätze, die Geschichte durch ihre abgründigeren Momente (Hackbeil! Mordverdacht! Wahnvorstellungen!) ins schwarzhumorige Extrem zu treiben. Die Eskalation bleibt auf halbem Wege stecken. Hat Regisseur Payer der Mut verlassen? Das Ergebnis ist jedenfalls die dramaturgisch wie auch ästhetisch allzu konventionell erzählte Geschichte eines Männerabenteuers: eine Affäre, die einen Bequemen dazu zwingt, einmal ein bisschen wilder zu sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2019)

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