Die EU könnte im kommenden Jahr von großen Krisen verschont bleiben – sofern Boris Johnson und Donald Trump mitspielen.
„Ereignisse, mein lieber Junge, Ereignisse“ – diese Antwort soll der britische Premierminister Harold Macmillan einem jungen Journalisten gegeben haben, als er von ihm gefragt wurde, was seine Regierung in die Bredouille bringen könnte. Ob dieses Zitat tatsächlich aus Macmillans Mund stammt oder zu einem späteren Zeitpunkt von einem Hagiografen in den Mund des legendären Konservativen gelegt wurde, lässt sich nicht mehr eruieren. Der Wahrheitsgehalt der gern zitierten Worte ist und bleibt indes unbestritten. Denn selbst der allerbeste Plan überlebt nicht die erste Berührung mit dem Feind – wie es in einem anderen weltberühmten Zitat (diesmal aus der Feder des preußischen Meisterstrategen Helmuth von Moltke) so schön heißt.
Wenn also die Unberechenbarkeit der Hauptgegner einer vorausschauenden Politik ist, dann bedeutet das im Umkehrschluss, dass Ereignisse zwar Chaos säen, aber auch Ruhe stiften können. Das gilt insbesondere für die Europäische Union, die in den vergangenen Jahren von kleinen und großen Krisen derart durchgebeutelt wurde, dass man sich als geplagter Beobachter des europapolitischen Geschehens ein Jahr ohne dramatische Vorkommnisse nur noch schwer vorstellen kann. Vor allem vor dem Hintergrund des für den 31. Jänner avisierten Abschieds Großbritanniens von Europa erscheint der Gedanke an ein ruhiges Jahr geradezu frivol. Doch ruhig kann 2020 durchaus werden – sofern die Sterne günstig stehen.