Kino

Von vergessenen Helden

Reale Charaktere zu spielen sei herausfordernd: „Alles Halbherzige wäre unhöflich.“
Reale Charaktere zu spielen sei herausfordernd: „Alles Halbherzige wäre unhöflich.“Michèle Pauty
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Valerie Pachner spielt in ihrem neuen Film die Frau eines Hingerichteten. Über die wahre Geschichte dahinter und dem Gerechtwerden vor der Kamera.

Als die Schauspielerin Valerie Pachner ihren neuen Film „Ein verborgenes Leben“ in den USA bewarb, hörte sie immer wieder eines: Das Ehepaar Jägerstätter müsse in Österreich wohl berühmt sein, dort als Helden gefeiert werden.

Dabei verbinden viele nur wenig oder gar nichts mit dem Namen. „Das ist schade“, sagt Pachner. Und es liegt wohl auch daran, dass das Schicksal von Franz und Franziska Jägerstätter erst in den 1990er-Jahren, lang nach dem Zweiten Weltkrieg, Beachtung fand – und sie zuvor vielmehr Anfeindungen ausgesetzt waren.

Das Historiendrama von Regisseur Terrence Malick erzählt die wahre Geschichte des Oberösterreichers, der während des NS-Regimes den Kriegsdienst verweigerte und daraufhin 1943 hingerichtet wurde. Pachner spielt im Film seine Frau Franziska, die seine Entscheidung unterstützte und sich nach seinem Tod allein mit den Kindern durchschlagen musste.

Späte Ehre für die Jägerstätters

Erst 1997 wurde das Urteil gegen Franz Jägerstätter aufgehoben. Und späte Ehre wurden dem Ehepaar doch noch zuteil: 2007 wurde Franz seliggesprochen, und Franziska bekam das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich verliehen. Sechs Jahre später starb Franziska, nur wenige Tage nach ihrem 100. Geburtstag.

Für Pachner macht es einen Unterschied, ob sie einen realen oder fiktiven Charakter spielt. „Ich fühle mich immer verantwortlich, wenn die Leute wirklich gelebt haben“, sagt sie. „Alles Halbherzige wäre unhöflich.“ Bei Franziska kam hinzu, dass ihre Geschichte mit so viel Leid verbunden ist. „Da will man alles richtig machen.“

Ein Briefwechsel zwischen dem Paar ist noch erhalten. „Die Briefe waren für mich bei der Vorbereitung am wichtigsten“, so Pachner. „Da kann man so viel herausziehen – wie sie gelebt haben und dass sie einander wirklich liebten.“

Knapp 90 Kilometer liegen zwischen dem einstigen Hof der Jägerstätters in St. Radegund und Wels, dem Geburtsort von Pachner. Dass die 32-Jährige Schauspielerin wurde, sei „einfach so passiert“, erzählt sie heute. Im Teenageralter machte sie ihre Firmpatin auf eine Sommerschule für Theater in Graz aufmerksam. „Da waren plötzlich so interessante Leute, alles war aufregend und anregend.“ Zurück in Oberösterreich begann sie im Linzer Jugendklub Theater zu spielen. Die Idee, Schauspielerin zu werden, verfolgte Pachner aber erst nach dem Studienbeginn der Internationalen Entwicklung weiter.

„Ich habe gemerkt, dass mich das Schauspielen einfach nicht loslässt“, erzählt sie. „Ich dachte, damit ich's nicht später bereue, versuche ich die Aufnahmeprüfung am Max-Reinhardt-Seminar einfach.“ Mit 21 Jahren bekam Pachner die Zusage für das Schauspielstudium. Lang noch sei es für sie skurril gewesen, von sich selbst als Schauspielerin zu sprechen. „Ich fühlte mich eher so, als wäre ich die Wirtin eines Schauspielervirus.“

Kein Abschied vom Theater

International Filme zu drehen habe sie nie auf dem Radar gehabt. „Ich dachte mir immer, ich bin nicht hübsch genug für Film“, so Pachner. „Und das mit Terrence Malick war dann sowieso verrückt.“ Dass gerade der berühmte Regisseur beschloss, einen Film über die Jägerstätters mit einer einheimischen Schauspielerin in Pachners Alter zu drehen. „Das ist absurd. Ich habe lang gebraucht, um das zu begreifen – manchmal fällt es mir noch immer schwer.“

Mittlerweile dreht Pachner, die im Theater begann, vor allem Filme. „Das war aber kein Abschied vom Theater. Ich wollte die Beziehung zur Bühne einfach nicht überstrapazieren.“ Bei Filmdrehs brauche man ein anderes Sendungsbewusstsein. „Die Kamera ist eine sehr genaue, ruhige Zuseherin, die interessiert ist an den kleinen Dingen“, sagt Pachner. „Das finde ich irgendwie sympathisch.“

Trotzdem wolle sie auf jeden Fall wieder Theater spielen. „Ich bin gerade in so einem komischen, aber schönen Dazwischen“, sagt Pachner. „Wo ich mir überlege, was ich jetzt wie weitermachen möchte.“

Diese Pausen seien wichtig, denn das Schauspielen sei viel mehr als nur ein Beruf. „Wenn ich drehe, dann leihe ich mich dem Projekt oder der Rolle“, sagt Pachner. „Meinen Körper, meinen Geist und meine Emotionen.“

ZUR PERSON

Valerie Pachner wurde 2013 Ensemblemitglied am Münchner Residenztheater und begann Filme zu drehen. Für „Egon Schiele: Tod und Mädchen“ bekam sie 2017 den Österreichischen Filmpreis verliehen. Ihre Rolle in „Der Boden unter den Füßen“ brachte ihr den Deutschen Schauspielpreis ein. Am 31. Jänner kommt das Historiendrama „Eine verborgenes Leben “ in die Kinos. Pachner ist demnächst außerdem in „The King's Man – The Beginning“ zu sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2020)

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