Wortspielerei

Und raus bist du: Impeachment mit Scherben

Eine Tonscherbe als Stimmzettel gegen Themistokles − und tatsächlich wurde der Sieger der Schlacht von Salamis im Jahr 470 vor Christus in die temporäre Verbannung geschickt.
Eine Tonscherbe als Stimmzettel gegen Themistokles − und tatsächlich wurde der Sieger der Schlacht von Salamis im Jahr 470 vor Christus in die temporäre Verbannung geschickt.Heritage Images/Getty Images
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Mit dem Scherbengericht hatte auch das antike Athen ein politisches Mittel gegen Machtmissbrauch. Was heute wie das Dschungelcamp wirkt, festigte damals die Demokratie.

„Kimon, nimm deine Elpinike und geh!“ Weiß doch jeder in Athen, dass dieser Feldherr es mit seiner Halbschwester treibt. Also soll er derjenige sein, der diesmal für zehn Jahre weg muss, raus aus Attika. Von anderen erfährt man auf Scherben, es handle sich um Verräter, Ehebrecher oder Esel. Besonders schlecht kommt Megakles weg: als arroganter Adeliger, der nur an seine Wagenrennen denkt, und wegen seiner versnobten Mutter, die sich in die Politik einmischt. Aber dass er „fluchbeladen“ sei, war einem der antiken Wutbürger dann doch zu heftig – er strich den Zusatz neben dem geritzten Namen wieder durch. Vielleicht hätten die strengen Beamten auf der Agora seinen tönernen Stimmzettel ja sonst für ungültig erklärt.

Denn auch wenn das Scherbengericht zuweilen Anlass zu derben Scherzen wie in den Komödien gab: Der „Ostrakismos“, wie es fachmännisch heißt, war ein wesentlicher Bestandteil der athenischen Demokratie – weil er half, den Übermut der Mächtigen zu bremsen. Nicht nur darin erinnert er an das Impeachment, das US-Präsident Trump droht. In beiden Fällen geht es um ein politisches Verfahren, in dem juristische Regeln nicht gelten (keine rechtlich relevante Schuld muss nachgewiesen werden). Wer ins Visier gerät, versucht abzulenken und den Schmutz auf andere umzuleiten.

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