Messe

Reden wir über das Sterben

Sabine List richtet im März zum zweiten Mal eine Messe rund um Tod und Trauer aus.
Sabine List richtet im März zum zweiten Mal eine Messe rund um Tod und Trauer aus.(c) Akos Burg
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Mit „Seelenfrieden“ veranstaltet Sabine List eine Publikumsmesse, bei der das Lebensende, der Tod und die Trauer im Mittelpunkt stehen.

Es muss ja nicht beim Weihnachtsessen sein, dass man darüber redet, was man alles tun muss, wenn der Opa stirbt. „Aber der Tod sollte öfter ein Thema sein“, sagt Sabine List. „Im gemütlichen Rahmen wertfrei darüber sprechen, damit man weiß, was die Leute wollen.“ Was allerdings nicht so einfach ist bei einem Thema, das die meisten möglichst weit von sich wegschieben.

Die Reaktionen waren dann auch eher verhalten, als sie im Bekanntenkreis von ihrem Plan erzählte, eine eigene Messe rund um den Tod zu organisieren. Doch sie zog ihre Idee durch – und veranstaltete im März 2019 zum ersten Mal „Seelenfrieden“, eine Messe rund um Lebensende, Sterben, Tod und Trauer. Immerhin 300 Besucher kamen, um sich zu informieren und Vorträge anzuhören. Bei der zweiten Auflage im heurigen März, hofft List, sollen es schon doppelt so viele sein.

Wie kommt man dazu, sich hauptberuflich mit einer Messe zum Thema zu beschäftigen? Im Fall von Sabine List ist es eine Kombination aus Beruf und Privatem. Nach mehreren Stationen in Versicherungen, im Lebensmittelhandel und als Tagesmutter kam zunächst ein Burn-out – „ich fiel nach der Scheidung von meinem damaligen Mann in ein tiefes Loch.“ Aus dem arbeitete sie sich wieder heraus, indem sie Musik machte, Blueskonzerte veranstaltete und schließlich eine Ausbildung in Eventmanagement machte.

„Das ist ein Zeichen“

Soviel zur Eventschiene. Das Thema Tod kam mit dem Tod ihrer Großmutter, zu der sie eine innige Beziehung gehabt hatte. „Das war meine erste richtige Erfahrung mit dem Tod.“ Eine Erfahrung, die ihr zunächst den Boden unter den Füßen wegzog, die sie dann aber auch wieder geerdet hat. Und so beschloss sie, zunächst aus privatem Interesse, eine Ausbildung in Sterbebegleitung zu machen.

Über die Kontakte, die sie dort schloss, kamen viele Impulse. „Dieses Netzwerk“, meint List, „ist kein Gegeneinander, so wie bei Künstlern, sondern ein Miteinander.“ Und eines Tages kam aus diesem Netzwerk heraus der Hinweis auf eine Messe. „Leben und Tod“, eine Messe in Bremen, bei der es unter anderem um Hospiz, Palliative Care, Trauerbegleitung und Bestattungskultur geht. „Das ist ein Zeichen“, dachte sie damals. „Das mache ich auch in Österreich.“

Nur wie geht man so etwas an? Spirituell? Als Verkaufsveranstaltung? In welchem Rahmen? „Es sollte bodenständig sein“, meint die 50-Jährige. „Wir sagen, was ist. Wir reden nicht drum herum.“ Viele Aussteller hätten zunächst Angst gehabt, weil sie dahinter etwas Esoterisches befürchteten. Doch nach und nach fand sie potenzielle Aussteller und Vortragende.

Wobei die wirklich großen Namen der Branche eher nicht in die Zielgruppe fielen. „Es kommen vor allem kleinere Bestatter, die wirklich etwas Anderes machen.“ Da ist heuer etwa ein Start-up, das individuelle Urnen aus Holz herstellt – „aus dem Lieblingsbaum vom Opa, zum Beispiel.“ Da ist das Fotografennetzwerk, das kostenlos Sternenkinder fotografiert, um Eltern eine Erinnerung zu ermöglichen. Aber da ist etwa auch die Firma, die Orte, an denen Tote entdeckt wurden, professionell reinigt.

Neben den Ausstellern sind es vor allem die Vortragenden, die das Publikum zur Messe locken sollen. Als bekanntesten Namen hat List heuer Martin Prein geladen, der in den vergangenen Monaten mit seinem „Letzte Hilfe Kurs“ medial sehr präsent war – Auftritt bei Grissemann und Stermann in „Willkommen Österreich“ inklusive. Thematisch gibt es unter anderem Vorträge zu Tod und Trauer am Arbeitsplatz, zu Demenz in der letzten Lebensphase oder dem speziellen Trauerverhalten von Männern.

Bunt auf ein Begräbnis gehen

Bei der Messe soll es darum gehen, wie man mit dem Tod umgehen kann und soll – auch abseits dessen, wie es immer schon war. „Man kann heute auch bunt auf ein Begräbnis kommen“, meint List, „nur wissen das viele halt noch nicht.“

In der Bestattungsbranche sei Vieles im Umbruch. Vieles ist mittlerweile möglich. Und unter anderem dank der Möglichkeit einer Patientenverfügung weiß man heute oft auch schon, wie sich jemand den Abschied vorgestellt hat. Das ist es auch, worauf List mit dem Titel der Messe abzielen möchte. „Seelenfrieden ist das Wissen, dass die Angehörigen nach meinem Tod das machen, was ich mir wünsche.“

VERANSTALTUNG

Seelenfrieden. Die Messe zu den Themen Vorsorge, Lebensende, Sterben, Tod und Trauer findet am 7. und 8. März 2020 (ab 10 Uhr) zum zweiten Mal statt. Ort: MGC Wien, Leopold-Böhm-Straße 8, 1030 Wien.

Aussteller sind unter anderem Bestatter, Tatortreiniger und Organisationen, die sich mit Sterbebegleitung und Trauerarbeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln befassen.

Tickets: Tageskarte 9 Euro, All-inclusive-Ticket inkl. Vorträge 25 Euro.

Web:www.messe-seelenfrieden.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2020)

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