Nachruf

Held und Abenteurer aus Alt-Hollywood: Kirk Douglas ist tot

Kirk Douglas, publicity photo circa 1962 File Reference 33635_729CPC Hollywood CA USA PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Co
Kirk Douglas, publicity photo circa 1962 File Reference 33635_729CPC Hollywood CA USA PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Co(c) imago images/Cinema Publishers C (Cinema Publishers Collection/ Th)
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Kirk Douglas starb mit 103 Jahren. Mit Stanley Kubricks „Spartacus“ wurde er zum Klassiker. Sein Format: der harte Mann.

„Meine Geschichte ist sehr typisch für viele Menschen in den USA, man stammt von Emigranten ab, man kämpft sich durchs College, macht eine Ausbildung und findet seinen Lieblingsjob“, erzählte Kirk Douglas in einem Interview. Durch ein Ringkampfstipendium konnte der Sohn jüdischer Einwanderer aus Weißrussland, der mit sechs Schwestern in einem New Yorker Armenviertel aufwuchs, Chemie und englische Literatur studieren. „The Ragman's Son“, „Der Sohn des Lumpensammlers“ überschrieb Douglas seine Biografie: „Wir waren hungrig ich würde mir wünschen, dass niemand auf der Welt das erleben muss“, sagte er.

Der Aufstieg zum Kämpfer und maskulinen Star mag etwas mit diesen Kindheitserfahrungen zu tun haben. Virile Helden waren in Hollywood gefragt. In seinem langen Leben durchlief der 1916 geborene Künstler einen Gutteil der Geschichte des Films.

Als er in Stanley Kubricks „Spartacus“ zum Klassiker wurde, hatte Douglas bereits über 30 Streifen gedreht, darunter auch Theaterstoff, der zum Kino wurde wie „Trauer muss Elektra tragen“, die Orestie-Variation des US-Literaturnobelpreisträgers Eugene O'Neill (1947) und „Die Glasmenagerie“ von Tennessee Williams (1950). Hier spielte Douglas den robusten Burschen Jim, der die körperbehinderte Laura erst aus ihrem Schneckenhaus lockt und ihr dann mitteilt, dass er bereits eine Freundin hat. Näher bei seinem späteren Format, dem harten Mann, war Douglas an der Seite von Burt Lancaster in „Vierzehn Jahre Sing-Sing“, einem Krimi und Film Noir von Byron Haskin („Die Schatzinsel“). Douglas fand sich in vielen Milieus zurecht: In „Reporter des Satans“ von Billy Wilder spielte er 1951 die Hauptrolle, einen Reporter, der wegen Beleidigung, Trunksucht und Frauengeschichten aus allen Redaktionen rausfliegt und hofft, einen letzten Sensations-Coup zu landen.

Die Regisseure wurden alsbald prominenter, ebenso die Kollegen und die weiblichen Co-Stars. Michael Curtiz („Casablanca“) drehte mit Douglas, Lauren Bacall und Doris Day „Der Mann ihrer Träume“. In Vincente Minellis „Stadt der Illusionen“ war Douglas 1953 an der Seite von Lana Turner als Filmpionier David O. Selznick zu sehen. Der Western blühte auf, King Vidor („Krieg und Frieden“) führte Regie bei „Mit stahlharter Faust“ mit Douglas als Cowboy im Kampf um Weideland, John Sturges brachte in dem Western „Zwei rechnen ab“ Douglas erneut mit Burt Lancaster zusammen.

Da war Douglas längst eine Marke: Als irrer Protagonist in Vincente Minellis „Vincent Van Gogh - Ein Leben in Leidenschaft“ heimste er 1955 vier Oscar-Nominierungen ein. Den Preis gewann Anthony Quinn für die beste Nebenrolle als Van Goghs Rivale Paul Gauguin. Freilich: Das Bild des Maler-Genies Van Gogh prägte Douglas für Generationen.

imago images/United Archives

1957 brachte der Antikriegsfilm „Wege zum Ruhm“ Douglas mit Stanley Kubrick zusammen, der ihm den größten Hit seiner Karriere bescheren sollte: „Spartacus“ (1960): Der thrakische Sklave Spartacus muss von Kindheit Zwangsarbeit in den Bergwerken der römischen Provinz Libyen leisten. Als er einem anderen Sklaven helfen will, wird er ausgepeitscht. Das über drei Stunden lange Epos brachte für Douglas die Chance, den Charakterdarsteller mit dem Helden und Haudegen zu verbinden an der Seite von Star-Kollegen wie Laurence Oliver, Peter Ustinov, Charles Laughton („Meuterei auf der Bounty“), die weibliche Hauptrolle spielte Jean Simmons. Der von Douglas-Spartacus entfesselte Sklavenaufstand und die Revolte gegen Rom wurde auch als Anspielung gesehen und als Kritik an der Jagd auf Kommunisten in den USA in den 1950er und 1960er Jahren, die insbesondere viele Prominente der Filmmetropole traf.

Bereits 1955 hatte Douglas seine eigene Filmproduktionsfirma gegründet, auch „Spartacus“ wurde von ihm mit produziert. Sein guter Riecher für Stoffe trügte ihn selten, etwa bei „Einer flog über das Kuckucksnest“, in der Broadway-Version spielte Douglas McMurphy, den Rebellen und Glücksspieler, der dem Gefängnis entgehen will, in dem er eine psychische Erkrankung simuliert. Kein Filmstudio wollte die Kritik an menschenverachtenden Zuständen in der Psychiatrie nehmen, Douglas überließ die Rechte schließlich seinem Sohn Michael. Miloš Formans Verfilmung mit Jack Nicholson gewann 1975 fünf Oscars, darunter einen für den Hauptdarsteller. Das muss ein harter Schlag für Kirk Douglas gewesen sein. Auch sonst war das Verhältnis des vierfachen Vaters zu seinem Nachwuchs teilweise schwierig. Einer seiner Söhne, Eric, starb 2004 infolge von Drogen-und Alkoholproblemen. Michael Douglas war und ist teilweise erfolgreicher als der Vater, das gilt auch für seine Rolle als Frauenschwarm. 

In jungen Jahren haben sich die beiden sehr ähnlich gesehen. Später fiel Douglas vor allem dadurch auf, dass er offensichtlich Hollywoods Verschönerungskuren, die heutzutage Pflicht zu sein scheinen, ignorierte oder verweigerte. Bis in späte Jahre sieht man, der Mann hielt nichts von glamourösen Filmgebissen, angemessen vom Zahnarzt. Er wirkte auch so auf Frauen, egal, ob er an der Seite von Ex-Präsident und Kollege Ronald Reagan kantig in die Kamera schaut oder männlich-charmant grinst.

Kein Oscar für Douglas

Dreimal war Douglas für den Oscar nominiert, er bekam ihn aber nie. 1996 erhielt er den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. Schaut man die lange Liste seiner Filme an, hat man den Eindruck, Herausforderungen ist Kirk Douglas nie ausgewichen. Und er konnte viele wichtige Regisseure begeistern: Mit Otto Preminger und John Wayne drehte er 1965 den Kriegsfilm „Erster Sieg“ (über den Angriff der Japaner auf Pearl Harbour 1941), mit Henry Fonda den Western „Zwei dreckige Halunken“ (Regie: Joseph L. Mankiewicz), mit Martin Sheen den Sicence-Fiction-Film „Der letzte Countdown“ (1980, Regie: Don Taylor). 2003 erschienen Kirk und Michael Douglas gemeinsam auf der Leinwand in dem Drama „Es bleibt in der Familie“, in das Geschichten aus der echten Douglas-Family eingeflossen sind.

Für einen Hollywood-Titan seiner Generation (Viel Whisky) ist Kirk Douglas mit 103 Jahren sehr alt geworden, was er gern auf seine zweite Frau, die 1919 geborene Schauspielerin Anne Buydens zurückführte, mit der er seit 1954 verheiratet war. Es ist also kein Naturgesetz, dass immer jüngere Ehefrauen alternden Herren ewige Jugend schenken, hier galt anscheinend eher das Gegenteil.

Filmografie

Im Folgenden ein Überblick über Kirk Douglas' wichtigsten Filme:

"Die seltsame Liebe der Martha Ivers" (1946)
"Zwischen Frauen und Seilen" (Oscar-Nominierung; 1949)
"Die Glasmenagerie" (1950)
"Reporter des Satans" (1951)
"The Big Sky - Der weite Himmel" (1952)
"Stadt der Illusionen" (Oscar-Nominierung; 1953)
"20.000 Meilen unter dem Meer" (1954)
"Vincent Van Gogh - Ein Leben in Leidenschaft" (Oscar-Nominierung; 1956)
"Wege zum Ruhm" (1957)
"Spartacus" (1960)
"Sieben Tage im Mai" (1963)
"Zwei dreckige Halunken" (1970)
"Archie und Harry - Sie können's nicht lassen" (1986)
"Oscar - Vom Regen in die Traufe" (1991)
"Greedy - Erben will gelernt sein" (1994)
"Es bleibt in der Familie" (2003)
"Mord im Empire State Building" (TV, 2008)

(APA/dpa/bagre)

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