Filmkritik

„Birds of Prey“: Jokers Ex-Freundin dreht durch

Margot Robbie als schrill-bunte Ex-Freundin des Jokers. Was für eine Energie!
Margot Robbie als schrill-bunte Ex-Freundin des Jokers. Was für eine Energie!(c) Warner Bros.
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Gewitzt, rasant, blendend gelaunt: So gibt sich die Comic-Verfilmung „Birds of Prey“. Warner hat den Nachfolgefilm von „Suicide Squad“ in die richtigen Hände gegeben.

Schluss. Ende. Aus. In „Suicide Squad“ (übrigens ein verblüffend schlechter Film) durfte die schrille Harley Quinn noch Seite an Seite mit dem geliebten Joker kämpfen, sich am Ende an seine Brust werfen und mit kreischender Stimme „Ach, Puddin'!“ rufen. Doch mittlerweile hat der Psychopath sie verlassen – und hier beginnt „Birds of Prey“: Harley Quinn sitzt da in ihrem Liebeskummer, heult sich die Augen aus, bis die Wimperntusche verläuft und sich als grauer Schatten über ihre Wangen legt, und tut, was man so macht, wenn man verlassen wurde: die Haare schneiden, sich Hochkalorisches zuführen und ein Haustier anschaffen. In ihrem Fall eine Hyäne. Den ehemaligen Besitzer des Tiers nimmt sie gleich mit nach Hause – als Futter nämlich. Nein, Harley Quinn ist kein besserer Mensch geworden, nur weil sie traurig ist. Niemand wird besser, weil er traurig ist.

Aber vielleicht, weil er bemerkt, dass er allein ziemlich aufgeschmissen ist. Zumal, wenn er sich so viele zu Feinden gemacht hat wie Harley Quinn. Dem einen Kerl hat sie eine Fratze auf das Gesicht tätowieren lassen, einem anderen mit einem beherzten Sprung auf seinen Schoß die Oberschenkelknochen gebrochen, der dritte ist sauer, weil sie nicht mit ihm schlafen wollte. Ihr größter Widersacher ist der Gangsterboss und Nachtclubbesitzer Roman Sionis. Um ihn zu besiegen, tut sie sich mit anderen Frauen zusammen: einer kleinen Taschendiebin, einer rachsüchtigen Bogenschützin, einer Nachtclubsängerin, die den Spitznamen Black Canary trägt, und einer toughen Polizistin. Auch deshalb heißt der Film mit ganzem Titel: „Birds of Prey (And the Fantabulous Emancipation of One Harley Quinn)“. Keine Emanzipation ohne Solidarität.

Während der Joker von Jared Leto in „Suicide Squad“ eher befremdlich wirkte denn gefährlich, kann einen Ewan McGregors Roman Sionis wirklich das Gruseln lehren. Für ihn unterbricht die junge, noch weitgehend unbekannte Regisseurin Cathy Yan hin und wieder den Reigen aus quietschbunter Gewalt und überzeichneter Action und wird ganz leise: Wenn Sionis einer Frau befiehlt, auf den Tisch zu steigen und für ihn zu tanzen, setzt nicht nur die Musik aus – auch der Atem der Zuschauer stockt, gerade weil eben kein Blut spritzt und keine Knochen splittern. Das ungläubige Lachen der Frau, das zunächst sogar höflich formulierte Begehren des Typs . . . Ist das noch fieses Spiel oder schon sadistischer Ernst? Wird sie mit dem Tod bezahlen, weil sie sich über ihn lustig gemacht hat?

Dadurch hat sie sich nämlich seinen Unmut zugezogen: Sie hat gelacht. Dieser brutale Kerl ist, wie so viele, sehr zart besaitet, wenn es um ihn selbst geht. Als er erfahren muss, dass eine Mitarbeiterin ihn verraten hat, kommen ihm fast die Tränen!

Her mit dem Haargummi!

Sonstige Höhepunkte des Films: eine rasante Verfolgungsjagd auf Rollschuhen, ein in allen grellen Farben explodierendes Chemiewerk und eine Kampfszene, im Zuge derer Harley Quinn ihrer Kumpanin einen Haargummi reicht, weil deren Mähne beim Kampf dann doch etwas hinderlich ist. Und natürlich Margot Robbie – großartig irre mit ihren viel zu großen Augen und dem viel zu roten Mund und einer anarchischen Energie, die man schlicht gern am Werk sieht.

Der Joker taucht übrigens den ganzen Film über nicht auf. Vielleicht ein gutes Zeichen. Es könnte eine Fortsetzung geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2020)

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