Alexander Van der Bellen als teures Ablenkungsmanöver: Maria Vassilakou muss retten, was zu retten ist.
Spielt man das Atout zu Beginn des Kartenspiels aus, hat man entweder schlechte Karten oder man beherrscht das Spiel nicht. Bei Maria Vassilakou, Chefin der Wiener Grünen, war das Blatt zuletzt auf jeden Fall miserabel. Zwei für die Partei wichtige Bezirksorganisationen beschäftigen sich lieber mit Spaltung und persönlicher Intrige, denn mit dem anlaufenden Wahlkampf. Das kleine Wort „Chaos“ wird plötzlich wieder mit den Grünen assoziiert, obwohl sich die Partei so um eine Regierungsbeteiligung bemüht. Dass sie da vor allem die SPÖ überzeugen muss, die mittels entsprechender medialer Verstärkung die Probleme der Grünen nur zu gern thematisiert, muss besonders bitter sein.
Daher musste die Präsentation Alexander Van der Bellens, der einzigen Zukunftshoffnung seiner Partei, vorgezogen werden. Das teure Ablenkungsmanöver hätte eigentlich der Höhepunkt im nun schlecht orchestrierten Wahlkampf der Wiener Grünen sein sollen.
Was aber bringt der Ex-Parteichef mit den hohen Sympathiewerten für Wien? Im nicht übertrieben wahrscheinlichen Fall einer rot-grünen Koalition würde er Stadtrat werden. Ein kleiner Blick auf die aktuelle Riege zeigt: Das ist kein besonders unangenehmer Gedanke. Noch besser aber, er würde sich seiner ureigensten Fähigkeit besinnen: Er könnte den Wiener Grünen in einem kleinen Proseminar Wirtschaftspolitik beibringen. Ideale Einführung: Warum Planwirtschaft und Höchststeuerquoten eine Stadt nicht unbedingt weiterbringen würden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2010)