Die türkis-grüne Regierung fixiert heute den Nachfolger von VfGH-Präsidentin und Ex-Kanzlerin Brigitte Bierlein. Die Ernennung durch den Bundespräsidenten ist in diesem speziellen Fall reinste Formsache.
Wien. Der neue Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) steht fest: Die türkis-grüne Regierung wird im heutigen Ministerrat Christoph Grabenwarter als Chef des Höchstgerichts beschließen. Grabenwarter war bisher Vizepräsident des VfGH und hat seit der Ernennung der vorangegangenen Präsidentin Brigitte Bierlein zur Chefin der Expertenregierung das Haus an der Wiener Freyung bereits interimistisch geleitet.
Als Vizepräsident galt der 53-jährige Steirer als logischer Nachfolger Bierleins, die Ende des vorigen Jahres aus Altersgründen aus dem Amt ausgeschieden wäre, hätte sie nicht bereits zu Jahresmitte die Führung der Expertenregierung übernommen. Grabenwarter ist Professor für Verfassungsrecht an der WU Wien und ein international anerkannter Experte unter anderem des Grundrechsschutzes. Er ist parteifrei, gilt aber als ÖVP-nahe: Er ist jeweils auf ÖVP-Tickets an den VfGH (2005) gekommen und zu dessen Vizepräsident (2018) geworden.
Seine Ernennung zum Chef des Höchstgerichts erfolgt durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung. Die Ernennung ist in diesem speziellen Fall reinste Formsache: Abweichend vom Konzept der Verfassung hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag im ORF-Interview kundgetan, dass die Regierung den VfGH-Präsidenten unter anderem auf Vorschlag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der Ex-Kanzlerin bestellen werde.
Als nächste sind die Grünen am Zug
Bei dieser Gelegenheit hat Kurz auch bestätigt, was „Die Presse“ bereits vor Wochen angekündigt hat: Als Koalitionspartner im Bund werden erstmals die Grünen ein Mitglied des VfGH nominieren. Durch Grabenwarters Aufstieg zum Präsidenten wird seine Vizepräsidenten-Stelle frei. Die Grünen dürften über deren Besetzung entscheiden (theoretisch könnte auch ein bestehendes VfGH-Mitglied aufrücken und seinerseits von den Grünen nachbesetzt werden). Es gilt als wahrscheinlich, dass sie eine Frau nominieren werden, doch muss die Stelle erst ausgeschrieben werden.
Nach der Verfassung können nur Richter, Verwaltungsbeamte oder Universitätsprofessoren eines rechtswissenschaftlichen Fachs Präsident oder Vizepräsident des VfGH werden. Eine Professorin, die das Format dazu hätte und bereits als mögliche Kandidatin gehandelt wurde, hat abgewunken: Iris Eisenberger. Ebenfalls im Gespräch: Verena Madner von der WU Wien, ehemalige Leiterin des unabhängigen Umweltsenates des Bundes.