Müllvermeidung

Geht die Belegpflicht zu weit?

Für Beträge bis 20 Euro sollen Belege nur noch auf Wunsch des Kunden ausgedruckt werden, fordert der Wirtschaftsbund.

Wien. Frankreich schafft für kleine Beträge die Kassenbon-Pflicht ab. Medienberichten zufolge hat das französische Parlament für ein Gesetz gestimmt, laut dem ab September 2020 Kassenbelege für Beträge bis zu zehn Euro nur noch auf Wunsch des Kunden ausgedruckt werden müssen. Die Betragsgrenze soll dann bis 2022 schrittweise auf 30 Euro ansteigen. Diese Maßnahme soll zur Müllvermeidung beitragen. Jeder französische Supermarkt verbrauche jährlich 10.600 Rollen Papier, wird kolportiert – und könnte sich so einen Großteil davon ersparen.

Auch in Österreich gilt die sogenannte Belegerteilungspflicht. Demnach müssen seit 1. Jänner 2016 Unternehmen ihren Kunden bei Barzahlung einen Kassenzettel ausstellen und übergeben. Der Kunde ist verpflichtet, den Beleg entgegenzunehmen, und muss ihn aus dem Geschäft hinaus bis auf die Straße mitnehmen. Falls die Finanzpolizei eine Kontrolle durchführt, sollte man den Beleg herzeigen können. Kann man das nicht, drohen dem Kunden allerdings keine Strafen.

Das soll die Steuerehrlichkeit der Unternehmen fördern, ist aber auch in Österreich umstritten – aus Umweltschutz- und Kostengründen. Vor allem kleine Unternehmen beklagen die hohen Kosten für das teure Thermopapier, das dann oft sofort im nächsten Papierkorb landet. 535.000 Kilometer Belege mit einem Gewicht von 2355 Tonnen würden jährlich ausgedruckt, errechnete im Jahr 2018 ein Unternehmen, das für seine papierlose Rechnungs-App warb.

Umweltschädliches Papier

Die Politik blieb damals unbeeindruckt. Die französische Gesetzesinitiative liefert nun aber dem Wirtschaftsbund den Anlass für einen neuerlichen Vorstoß: Auch in Österreich solle den Kunden aus Umwelt- und Kostengründen bei Rechnungsbeträgen bis 20 Euro nur noch auf Wunsch ein Kassenzettel ausgefolgt werden, schlägt er vor. „Für jeden noch so kleinen Einkauf muss ein Beleg gedruckt werden, sei es ein Eis oder ein Kaffee beim Bäcker. In den meisten Fällen wandert der Beleg direkt in den nächsten Mülleimer. Das schadet der Umwelt und kostet die Betriebe viel Geld“, sagt Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger zur „Presse“.

Das Thermopapier, aus dem die meisten Kassabons bestehen, sei noch dazu umweltschädlich, da es mit Bisphenol A beschichtet ist. Die Belege dürfen daher nicht im Altpapier entsorgt werden, sondern gehören in den Restmüll. Der Wirtschaftsbund verweist auf Schätzungen, dass man sich rund 70 bis 80 Prozent aller Kassenbelege ersparen würde, wenn die Grenze, bis zu der Kassenbons nicht mehr automatisch, sondern nur noch auf Kundenwunsch ausgedruckt werden müssten, bei 20 Euro festgelegt wird. „Allein diese kleine rechtliche Änderung erspart Tonnen an umweltschädlichem Papier und spart den Unternehmen Geld“, sagt Egger. An der Registrierung der Einkäufe durch den Unternehmer solle sich dadurch nichts ändern, wird betont. Es gehe lediglich um eine Einschränkung der Pflicht zum Ausfolgen eines Papierbelegs.

Deutschland: „Zettel-Irrsinn“

Eine ähnliche Diskussion wird zurzeit auch in Deutschland geführt: Dort sind Händler mit elektronischen Kassensystemen seit Beginn des heurigen Jahres verpflichtet, jedem Kunden unaufgefordert einen Kaufbeleg auszuhändigen. „Deutschland droht 2020 der Zettel-Irrsinn“, titelten deutsche Zeitungen anlässlich der Einführung. Das Finanzministerium in Berlin verteidigte die Maßnahme, Deutschlands Wirtschaftsminister, Peter Altmaier (CDU), regte aber ebenfalls an, zwecks Müllvermeidung bei geringen Beträgen auf das Ausdrucken der Belege zu verzichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.