Banken: Papst plant Finanzreform im Vatikan

(c) AP (ANDREW MEDICHINI)
  • Drucken

Anonyme Bankkonten sollen abgeschafft, Korruption soll eingedämmt werden. Erst vergangenen September hatte Benedikt XVI. den damaligen Chef der Vatikanbank abgesetzt und durch Ettore Gotti Tedeschi ersetzt.

Rom (APA/red.). Papst Benedikt XVI. will für mehr Transparenz im vatikanischen Finanzsystem sorgen. Dafür habe sich der Papst nach einer Reihe von Skandalen entschieden, schrieb die italienische Tageszeitung „La Repubblica“.

Nun wolle Benedikt der vatikanischen Finanzpolitik die Glaubwürdigkeit zurückgeben. Der Präsident der Güterverwaltung des Heiligen Stuhls, Kardinal Attilio Nicora, wurde mit der Reform beauftragt. Er soll künftig die Vatikanbank IOR und die Kongregation „Propaganda Fide“, die das Immobilienimperium des Vatikan verwaltet, beaufsichtigen.

Die IOR soll ein modernes Geldhaus werden. Für Bischöfe, Kardinäle und religiöse Orden soll es nicht mehr verpflichtend sein, dort ein Konto zu haben. Vor allem aber soll es künftig keine anonymen Bankkonten mehr geben. Die hatten in der Vergangenheit auch Privatleute außerhalb des Vatikans genutzt. Laut italienischen Ermittlern dienten IOR-Konten auch Personen als Schutz, die sich des Betrugs, der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung schuldig gemacht hatten.

Schutz für Geldwäscher?

Zwar garantiert das Konkordat mit Italien den Schutz der Anonymität. Doch die Staatsanwaltschaft konnte eine Untersuchung einleiten, als die Vatikanbank Konten bei italienischen Banken eröffnete, ohne den Namen der Konteninhaber bekannt zu geben. Auf einem Konto bei der Banca di Roma (die inzwischen von der UniCredit übernommen wurde) gab es gigantische Geldflüsse. Allein im Jahr 2007 wurden monatlich Schecks mit Beträgen zwischen 32 und 80 Mio. Euro einbezahlt. Die Ermittler vermuten Geldwäsche oder Steuerhinterziehung.

Erst vergangenen September hatte Benedikt XVI. den damaligen Chef der Vatikanbank, Angelo Caloia, abgesetzt und durch Ettore Gotti Tedeschi ersetzt. Caloia war zwanzig Jahre lang entgangen, dass ein Mitarbeiter Gelder für Wirtschaftsbosse und Politiker weißgewaschen hatte. Das Skandalbuch „Vatikan AG“ von Gianluigi Nuzzi brachte den Stein ins Rollen, der schließlich zur Ablöse Caloias führte.

Auch der Ex-Präfekt der Kongregation „Propaganda Fide“, Kardinal Crescenzio Sepe, heute Erzbischof von Neapel, war in einen Korruptionsskandal verwickelt. Er soll eine vatikanische Immobilie zu Vorzugsbedingungen an Guido Bertolaso vermietet haben, den italienischen Zivilschutzchef. Gegen Letzteren laufen Korruptionsermittlungen, ebenso wie gegen den ehemaligen Verkehrsminister Pietro Lunardi. Dabei geht es um ein weit verzweigtes Netz öffentlicher Bauaufträge, bei denen Schmiergelder geflossen sein sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

Skandal: Vatikanbank im Visier der Geldwäschejäger

Ermittler durchstöbern mysteriöse Konten der IOR. Die 1887 gegründete Bank war in den vergangenen Jahren mehrfach wegen unsauberer Finanzgeschäfte in die Schlagzeilen geraten.
Religion

„In der Vatikanbank ist immer noch alles möglich“

Gianluigi Nuzzi im Gespräch mit der "Presse" über seinen Glauben, seine Angst und sein Skandalbuch „Vatikan AG“ über die dunklen Finanzgeschäfte der römischen Kurie.
Der neue Chef der Vatikanbank, Ettore Gotti Tedeschi
Religion

Vatikanbank: Neuer Chef für die Schatztruhe des Papstes

Ettore Gotti Tedeschi ist der neue Präsident der Vatikanbank IOR. Die Gewinne der Bank gehen direkt an den Papst. Die Bank war in der Vergangenheit in mehrere Skandale verwickelt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.