Die russische Soziologin Olga Kryschtanowskaja erklärt den Zweck von Wladimir Putins Verfassungsänderung, über die am Dienstag das Parlament abstimmen wird. Ein Gespräch über Putins potenzielle Nachfolger, den neuen Premier und die kommenden Herausforderungen für den Kreml.
Die Presse: Am Dienstag wird die Staatsduma in zweiter und entscheidender Lesung über die große Verfassungsänderung abstimmen. Künftig soll die Ehe als Bund zwischen Mann und Frau unter dem Schutz des Grundgesetzes stehen. Gottesbezug, soziale Absicherung und der „Schutz der historischen Wahrheit“ sind weitere Punkte. Worum geht es wirklich?
Olga Kryschtanowskaja: Putin kommt aus dem KGB, da hat man folgende Methode: Es gibt ein, zwei sehr wichtige Veränderungen, man versteckt sie in einem Meer von Vorschlägen, damit sie nicht weiter auffallen. Man schlägt also dies und das vor. Das ist alles nicht so wichtig. Als die Expertenkomission über die Änderungen beriet, wurde nicht über den Staatsrat und seine künftige Rolle gesprochen.
Warum nicht?
Dort sitzen loyale Menschen. Alles in der Komission sei sehr demokratisch gewesen, schilderte man mir, alle möglichen Vorschläge konnten eingebracht werden. Mich überzeugt dieses kleine Chaos in einem: Das wahre Ziel liegt woanders. Bei den wirklich wichtigen Dingen ist alles beschlossen und wird sicher nicht von der Meinung von Sportlern oder Gelehrten abhängen.