Zwei Politiker kürten sich zu Afghanistans Präsidenten. Der Machtkampf steht einem Friedensabkommen mit den Taliban im Weg.
Kabul. Das innenpolitische Chaos in Afghanistan droht alle Bemühungen um eine Befriedung des Bürgerkriegslandes über den Haufen zu werfen. Am Montag fanden in Kabul gleich zwei Zeremonien zur Einführung in das Präsidentenamt statt: Sowohl Amtsinhaber Ashraf Ghani als auch sein Rivale Abdullah Abdullah reklamieren den Posten für sich. Trotz US-Vermittlungsbemühungen will keiner der beiden nachgeben. Nach dem Doha-Abkommen zwischen den USA und den Taliban sollten heute, Dienstag, innerafghanische Verhandlungen zwischen der Regierung in Kabul und den Radikalislamisten über eine künftige Machtteilung beginnen. Selbst die Taliban warnten bereits, dass der Streit zwischen Ghani und Abdullah alle Anstrengungen um eine friedliche Lösung des seit Jahrzehnten andauernden Afghanistan-Konfliktes gefährden würde.
Gescheiterte US-Vermittlung
Der US-Sondervermittler für Afghanistan, Zalmay Khalizad, war nach Kabul gereist, um einen Kompromiss für eine Machtteilung zwischen Ghani und Abdullah auszuloten. Doch Abdullah war die seinem Lager angebotene 40-Prozent-Beteiligung in der künftigen Regierung zu wenig; Ghani wiederum wollte keinen exekutiven Premier Abdullah neben sich dulden. Also kürten sich gestern beide zum Staatschef.
Laut dem offiziellen Wahlergebnis erreichte am 28. September 2019 Ghani 50,64 Prozent, Abdullah hingegen nur 39,52 Prozent. Aber Abdullah hat auch schon frühere Wahlniederlagen nicht hingenommen und musste durch Druck der Amerikaner zum Nachgeben gezwungen werden. Das Machtspiel scheint sich zu wiederholen. (Bloomberg, AFP)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2020)