Autoindustrie

VW stoppt für zwei bis drei Wochen die Produktion

APA/dpa/Julian Stratenschulte
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VW-Chef Diess verweist auf Liefer- und Absatzprobleme. Fahrzeugbauer Magna Steyr in Graz stellt seine Produktion für zwei Wochen ein. Flugzeugbauer Airbus stoppt Werke in Spanien und Frankreich.

Volkswagen stellt als erster deutscher Großkonzern wegen der Virus-Pandemie seine Produktion ein. Europas größter Autobauer kündigte am Dienstag an, die meisten deutschen und europäischen Werke zunächst für zwei bis drei Wochen stillzulegen, weil absehbar sei, dass die Lieferketten kommende Woche reißen würden.

"Angesichts der sich aktuell deutlich verschlechterten Absatzlage und der sich abzeichnenden Unsicherheit bei der Teileversorgung unserer Werke wird es an den Standorten unserer Marken unmittelbar auch zu Produktionsunterbrechungen kommen", sagte VW-Chef Herbert Diess am Dienstag bei der Präsentation der Bilanz 2019. Der Produktionsstopp wird sich auch auf zahlreiche österreichische Zulieferbetriebe massiv auswirken.

In Deutschland arbeiten rund 275.000 Menschen für den Riesenkonzern, fast die Hälfte der weltweit gut 670.000 Beschäftigten. Allein am Konzernsitz in Wolfsburg sind es rund 60.000 Menschen, ein großer Teil davon in der zentralen Verwaltung. Die Folgen der Produktionsunterbrechungen für die Mitarbeiter will Volkswagen durch Kurzarbeit abfedern.

Analysten glauben, dass der angepeilte Zeitraum von zwei bis drei Wochen nicht ausreichen wird, um die Krise zu überwinden. Frank Schwope von der NordLB verweist darauf, dass China vier bis sechs Wochen gebraucht habe, um die Folgen der Epidemie in den Griff zu bekommen. Der Autoanalyst glaubt, dass Volkswagen die Produktionsausfälle bis zum Jahresende nicht mehr aufholen kann und der Absatz heuer unter die Marke von zehn Millionen Fahrzeugen sinken wird.

Die Werke in Spanien und der Slowakei sowie die Standorte der italienischen Marken Lamborghini und Ducati hat Volkswagen bereits heruntergefahren. Diess sagte, die Fabriken in Übersee seien derzeit nicht in kritischem Zustand.

Betriebsrat macht Druck

Der VW-Betriebsrat hatte Druck gemacht, die Produktion auszusetzen, weil die Belegschaft in den Werken sich aus Sorge um ihre Gesundheit beschwerte, wie aus einem Schreiben von Betriebsratschef Bernd Osterloh an die Arbeitnehmer hervorging. Während im Bürobereich bei VW Abstandsgebote wegen der Corona-Epidemie gelten, arbeiteten die Kollegen an den Produktionsbändern weiter Schulter an Schulter. Der Betriebsrat habe gegenüber dem Vorstand diese "Zweiklassengesellschaft" kritisiert. Das Management habe auf den Druck reagiert und beschlossen, dass am Freitag die letzte Schicht laufe. Das ist aus Sicht des Betriebsrats zu spät. "Wir erwarten jetzt einen geordneten Ausstieg aus der Fertigung", forderte Osterloh.

Auch Audi stellt die Fertigung an mehreren Standorten im In- und Ausland bis auf Weiteres ein. Dies betreffe die Werke in Ingolstadt, Neckarsulm, Belgien, Mexiko und Ungarn. Dort werde Audi in Abstimmung mit Betriebsrat und dem Volkswagen-Konzern bis Ende der Woche die Produktion "kontrolliert und ordentlich" herunterfahren. Audi-Betriebsratschef Peter Mosch erklärte, er hoffe auf ein solidarisches und unbürokratisches Entgegenkommen des Unternehmens gegenüber der Belegschaft. "Wir drängen hier auf verbindliche Zusagen."

Bei Porsche hieß es indes, nach einem Tag Schließung solle die Produktion weitergehen. Es werde am Dienstag pausiert, damit die Mitarbeiter Zeit hätten, sich auf die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten einzustellen, erklärte ein Sprecher.

Bei BMW gebe es derzeit keine Einschränkungen der Produktion: "Unsere Werke laufen planmäßig", sagte ein Sprecher.

Volkswagen stellt Ziele in Frage

Volkswagen stellt seine gerade erst aufgestellten Geschäftsziele wegen der raschen Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie in Frage. Es sei ungewiss, mit welcher Wucht die Virus-Krise Volkswagen treffen werde, teilte der Autokonzern zur Präsentation der endgültigen Geschäftszahlen 2019 mit. "Eine verlässliche Prognose ist derzeit nahezu unmöglich", fügte Finanzvorstand Frank Witter hinzu und erklärte: "Wir schöpfen im Task-Force-Modus alle Maßnahmen aus, um unsere Mitarbeiter und deren Familien zu unterstützen und unser Geschäft zu stabilisieren."

Diess sagte, die Corona-Pandemie stelle den Konzern vor ungekannte operative und finanzielle Herausforderungen. Zudem seien nachhaltige Konjunktureinflüsse zu befürchten. "Durch die Bündelung unserer Kräfte, eine enge Zusammenarbeit und gute Moral im Konzern wird es uns gelingen, die Corona-Krise zu bewältigen."

Der deutsche Autobauer hatte sich nach dem Rekordgewinn im vergangenen Jahr erst vor gut zwei Wochen für 2020 eine Umsatzrendite erneut in einer Spanne von 6,5 bis 7,5 Prozent vorgenommen. 2019 lag die Marge auf Grundlage des bereinigten Betriebsgewinns mit 7,6 (Vorjahr 7,3) Prozent leicht darüber.

Magna Graz stellt Produktion für zwei Wochen ein

Der Fahrzeugbauer Magna Steyr in Graz stellt wegen des Coronavirus seine Produktion für zwei Wochen ein. Das teilte das Unternehmen Montagabend in einer Aussendung mit. "Das Werk ist vor allem durch den Mangel an verfügbaren Teilen für die Gesamtfahrzeugproduktion betroffen." Daher werde der Betrieb ab morgen, Dienstag, bis 30. März vorübergehend eingestellt.

Die Maßnahme sei von der Werksleitung von Magna Steyr mit den Arbeitnehmervertretern abgesprochen worden. Nach dem 30. März soll wieder wie gewohnt weitergearbeitet werden. Man sei in täglichem Austausch mit Kunden, von denen viele Planänderungen und in einigen Fällen Betriebsschließungen angekündigt worden seien.

"Magna wird weiterhin Informationen der Weltgesundheitsorganisation sehr genau beachten. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit den örtlichen Gesundheitsbehörden und unseren Kunden in verschiedenen Ländern zusammen, in denen wir weiterhin die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen, die Verbreitung von Covid-19 begrenzen und die Produktionspläne unserer Kunden einhalten, soweit dies möglich ist."

Airbus setzt Produktion in Frankreich und Spanien aus

Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus setzt wegen der Coronavirus-Pandemie seine Produktion in Frankreich und Spanien vorübergehend aus. Der Stopp gelte für die kommenden vier Tage, teilte das Unternehmen am Dienstag in Toulouse mit. Damit reagiert Airbus auf die von den Regierungen erlassenen Vorschriften wie die gerade verhängte Ausgangssperre in Frankreich.

Das Unternehmen will nun schnell neue Sicherheits- und Hygienemaßnahmen umsetzen, um die Produktion wieder aufnehmen zu können. Wo immer möglich, sollen Mitarbeiter vorerst von zu Hause aus arbeiten.

(APA/Reuters/dpa)

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