Kolumne

Festessen: Wie Schweinefleisch den Bärlauch zähmt

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Während die Restaurants zwangsgeschlossen sind, stellen wir uns selbst an den Herd. Und falten deftige Frühlings-Wantan.

Ein Magazin, das knapp eine Woche vor Erscheinen in Druck geht, hat es naturgemäß immer schwerer mit Aktualität als eine Tageszeitung. So hatten wir im „Schaufenster“ schon Reisegeschichten über Destinationen, für die just am Tag des Erscheinens Reisewarnungen verhängt wurden. Das Coronavirus indes macht dem Gourmet-Ressort einen Strich durch die Rechnung, nachdem die Gastronomie im Rahmen des verordneten sozialen Rückzugs betroffen ist: In der Produktionszeit dieses Magazins hieß es zunächst, Lokale dürfen bis 15 Uhr offen haben – also eine Mittagslokalkritik schreiben? Doch die Regelung wurde knapp vor Redaktionsschluss weiter verschärft – eine frische Lokalkritik ist somit unangebracht. Sie lesen also eine andere Art von Versorgungskolumne. Und nein, es geht nicht um Lieferservices. Schließlich haben wir abends jetzt genug Zeit für den Herd.

Anna Burghardt

Menschenmassen meiden kann man zuhause oder, mit deutlich besserer Luft, im Wald (alleine oder mit dem Hund sollte es erlaubt sein). Dort wurden dank der heurigen Wärme schon die ersten Morcheln gesichtet, es sprießen Wildkräuter wie junge Brennnesseln und natürlich ein expliziter not everybody’s darling namens Bärlauch. Viele Köche, die ansonsten auf bitte möglichst arge Geschmäcker stehen, verachten dieses Frühlingskraut aufgrund seines gern als gar plakativ bezeichneten starken Aromas. Diese Leute haben vermutlich noch nie Teigtaschen (im Vorjahr ein Fixstarter in Jahresrück­blicken) mit Schweinefleisch und Bärlauch gegessen. Die Kombination dieser beiden Zutaten ist wundersamerweise glückseligmachend, vor allem, wenn sie mit feingehacktem Ingwer (wenn Sie noch welchen bekommen, die immunsystemstärkende Wurzel hat schließlich eine ähnliche Karriere hingelegt wie Klopapier), Salz und viel gemahlenem schwarzen Pfeffer ergänzt wird. Für den Teig müssen Sie in einen Asia-Shop, den man mittlerweile ja wieder betreten kann, ohne für verrückt gehalten zu werden, und Hände waschen muss man sowieso nach allem. Die quadratischen Wantan-Blätter lagern dort in der Tiefkühltruhe. Bio-Schweinsfaschiertes mit klein gehacktem Bärlauch mischen, wie beschrieben würzen, damit Wantanblätter, deren Ränder man mit Wasser bestreicht, füllen und die Taschen gewissenhaft, ohne Lufteinschlüsse, verschließen. In nicht mehr kochendem gesalzenen Wasser ziehen lassen oder dämpfen. Dazu: ein Dip aus Mirin (süßem Kochreiswein), Sojasauce und Reisessig. Darüberträufeln: Chiliöl. 

Info

Bärlauch, in den Wäldern, kein Telefon, Öffnungszeiten: rund um die Uhr.

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("Die Presse - Schaufenster", Print-Ausgabe, 20.03.2020)

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