Coronakrise

Wettbranche von Sport-Stillstand "total hart" getroffen

Wo kein Sport, da keine Sportwetten
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Wo kein Sport, da keine Sportwetten. Bloß in der weißrussischen Liga wird noch gekickt. Doch damit kommt die Wettbranche nicht weit. sie hofft auf die Rückkehr zum normalen Spielbetrieb in vier bis acht Wochen.

Die Absage diverser Sportveranstaltungen aufgrund des Coronavirus hat auch große Auswirkungen auf den Wett-Markt. Vor allem jene Firmen, die auch über Filialen verfügen, trifft die Krise stark, sie könnte bei längerer Dauer existenzgefährdend werden. Klassischen Online-Anbietern geht es deutlich besser, sie setzen dieser Tage verstärkt auf die virtuelle Welt und E-Sports.

"Wir haben kompletten Stillstand, alle Filialen vom Neusiedlersee bis zum Bodensee sind zu. Jetzt könnte man glauben, dass das Onlinegeschäft blüht, aber es ist ja auch die zweite Existenzgrundlage weg, nämlich, dass es kein Angebot gibt, weil der Sport mehr oder weniger stillsteht auf der Welt. Das trifft die Branche total hart", sagte Sharif Shoukry, Geschäftsführer des Österreichischen Sportwettenverbandes.

Die Absage fast aller Fußballveranstaltungen rund um den Globus falle am stärksten ins Gewicht. "Über 75 Prozent aller Wetten, die in Österreich abgegeben werden, sind Fußball-Wetten", gab der 43-Jährige Einblick. Bitter ist noch dazu, dass man sich in der spannendsten Saisonphase mit den Entscheidungen in den nationalen Ligen sowie dem Europacup und der im Sommer geplant gewesenen EM befindet. Auch der Umstieg auf andere beliebte Wett-Sportarten wie Eishockey, Tennis, Basketball oder Formel 1 ist nicht möglich.

So bleibt Kunden nichts anderes übrig, als auf Fußball-Partien wie Belschina Bobruisk - FC Minsk zu tippen. Die weißrussische Liga ist die einzige in Europa, die ihren Spielbetrieb aktuell fortsetzt. "Damit kommt man als Wett-Unternehmer nicht mehr weit. Da überlegt sich der Kunde zweimal, ob er auf solche exotischen Spiele wettet", weiß Shoukry.

Kurzarbeit bei Admiral

Der OSWV hat 25 Mitglieder und versucht diese in der Krise so gut es geht zu unterstützen. Großes Thema ist Kurzarbeit. Mit Admiral hat das mit rund 1300 Mitarbeitern größte Mitglied - zugleich Marktführer in Österreich im stationären Geschäft mit mehr als 250 Filialen - diesen Schritt bereits getätigt. Schwieriger wird es für die kleinen und regionalen Betriebe. "Die trifft es brutal, da ist zu befürchten, dass einige auf der Strecke bleiben, wenn die Krise länger andauern sollte", vermutete Shoukry.

Stark betroffen ist auch tipp3. "85 bis 90 Prozent unseres Wett-Contents finden de facto nicht statt", sagte Geschäftsführer Philipp Newald. Mit dem Rest beschäftige sich nur die "Stamm-Stamm-Stamm-Klientel". Hinzu kommt ein weiteres Problem, sind es doch viele Spieler gewohnt, ihre Tipps in der Trafik aufzugeben. Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen ist das nur eingeschränkt möglich.

"Es ist wie für viele Branchen eine der größten Herausforderungen in der Unternehmensgeschichte", betonte Newald. tipp3 gibt es seit 2001. Zu Gute kommt dem Unternehmen, dass man sich 2019 auf Krisenszenarien vorbereitet hat. "Ich denke, dass wir stabil genug sind, um das vernünftig zu überstehen", so der Rapid-Finanzreferent. Die Umsatzrückgänge lägen in der Größenordnung von zwei Dritteln.

Die Zeit bis zur Rückkehr zum Normalbetrieb wird genutzt, um an Innovationen zu arbeiten. Gerechnet wird damit, dass es ab Juni interessante Spielpaarungen geben wird. Fix nicht werden es Fußball-EM-Spiele sein, nach der Verschiebung auf 2021. "Es ist mühsam, weil die Planung auf die EM ausgelegt war, aber dann macht man die Umsätze halt nächstes Jahr", erläuterte der OSWV-Vizepräsident.

„In vier bis acht Wochen"

Keine Möglichkeiten gibt es für Spieler von Toto, das vorerst nicht angeboten wird. "Wenn wir davon ausgehen, dass eine Woche nach Ostern der Spielbetrieb weitergeht, rechnen wir bei Toto auf Basis Normalrunden mit einer Umsatzeinbuße von einer halben Million Euro", verlautete Sprecherin Gerlinde Wohlauf noch vor der weiteren Verschiebung des Bundesliga-Neustarts auf Anfang Mai.

Die Krise besser durchtauchen können reine Online-Anbieter. "Natürlich merkt man es, dass viele Sportevents abgesagt worden sind, im Grunde sind die Auswirkungen aber nicht so dramatisch, wie wir es befürchtet haben", schilderte Claus Retschitzegger, Sprecher von bet-at-home-com. Alternatives Angebot wie virtueller Sport und E-Sports würden gut angenommen werden.

Der Präsident der Österreichischen Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG) rechnet mit der Rückkehr zum normalen Spielbetrieb in vier bis acht Wochen. "Dann würde ich sagen, dass wir ohne größere Blessuren davonkommen würden", so Retschitzegger. Bei Interwetten bemerkt man laut Sprecher Lukas Reichl, dass die "Nachfrage natürlich nachlässt".

Negativ wirkt sich sicher aus, dass viele Leute ihren Job verloren haben oder durch Kurzarbeit weniger Geld verdienen. Andererseits: "Die Leute suchen jetzt auch Ablenkung im Internet, da ist das Internetgeschäft kein Nachteil", sagte Retschitzegger.

Dass sich die aktuelle Situation negativ auswirkt, wird auch beim Blick auf den wöchentlichen COVID-Impact-Tracker von H2 Gambling Capital deutlich. Demnach hätten globale Bedenken wegen des Coronavirus zu einem Rückgang der prognostizierten globalen Glücksspieleinnahmen um elf Prozent im Jahr 2020 geführt.

(APA)

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