Parlament: Budget bleibt Weihnachtspaket

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Die Regierung hält am Dezember als Budgetmonat fest, "schenkt" dem Parlament eine Woche zusätzliche Beratungen. Pröll kündigt "größtes Sparpaket" an und behauptet: "Die Wiener Wahl ist für mich kein Kriterium."

WIEN(c.d., gau, rup). Die Regierung ging am Dienstag einen Mini-schritt aufs Parlament zu: Die Budgetrede soll nun doch nicht am 9. Dezember, sondern schon eine Woche früher, am 1. Dezember, gehalten werden. Außerdem erklärten sich Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll bereit, am heutigen Mittwoch in der Plenarsitzung die Gründe der verspäteten Budgeterstellung zu erklären – man führt die Wirtschaftskrise ins Treffen. Damit ist man allerdings nach wie vor meilenweit vom Stichtag 22. Oktober entfernt, der gesetzlich spätestens für die Budgetrede vorgeschrieben wäre, um dem Parlament eine ausgiebige, zehnwöchige Debatte darüber zu ermöglichen. Die Ausschussberatungen sind noch immer auf zwei Wochen beschränkt, der Budgetbeschluss für den 23. Dezember vorgesehen.

Die Klubobleute von SPÖ und ÖVP, Josef Cap und Karlheinz Kopf, verteidigten das Datum dennoch. Cap hält das ganze Procedere für absolut gesetzeskonform. Es laufe nur vier Wochen zeitversetzt ab. Auch Kopf sieht die Kritik der Opposition nicht ein, da das Parlament gleich viel Zeit zur Beratung habe wie in früheren Jahren auch. Stimme die Opposition am Freitag dem neuen Fahrplan nicht zu, erwartet sich Kopf, dass Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die Termine fixiert.

Wie es aussieht, wird weder das eine noch das andere eintreffen. Die Opposition ist nämlich strikt gegen die Pläne der Regierung. Und Prammer sieht in der Bewegung der Regierung zwar einen erfreulichen Fortschritt, sie glaubt aber nicht, dass damit der Endpunkt erreicht ist, und setzt auf die Gespräche am Freitag. Schließlich hält es die Präsidentin prinzipiell für „unsauber und, wenn man so will, bedenklich“, dass die Regierung von den zehnwöchigen Budgetberatungen abgehe. Dass es als Protest gegen die Regierung in jeder Sommerwoche eine Sondersitzung des Nationalrats geben könnte, hält Prammer zudem für legitim und technisch machbar.

Freilich ist das BZÖ mit seiner geplanten Protestaktion vorerst allein, es bräuchte mindestens eine zweite Oppositionspartei dazu. Grüne und FPÖ überlegen noch, obwohl man an sich einig ist. „Wir werden niemals für einen Bruch der Verfassung zur Verfügung stehen“, empörte sich BZÖ-Chef Josef Bucher. Und auch der grüne Vizechef Werner Kogler verlangt einmal mehr, dass die Budgetrede wie vorgesehen am 22. Oktober gehalten wird. Für Kogler sind die Regierungsparteien aufgrund der bevorstehenden Landtagswahlen einfach „zu feig, der Bevölkerung die Wahrheit zuzumuten“. Sollte es bis Freitag keine weitere Bewegung geben, ziehen die Grünen Sondersitzungen in Erwägung, suchen aber noch nach „schlaueren“ Protestmaßnahmen, so Kogler. In diesem Fall wäre wohl auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit im Boot. Er fürchtet wüste Sparmaßnahmen, so, wie sich die Regierung vor der Wahrheit über die Budgetkonsolidierung drücke.

Pröll gegen jede Eile

Finanzminister Josef Pröll stellt allerdings jegliche wahlkämpferische Taktik in Abrede: „Die Wiener Wahl ist für mich kein Kriterium“, beteuerte der ÖVP-Chef mit deutlicher Betonung auf dem „für mich“ bei der „Aufbrüche“-Diskussion der „Presse“ am Montagabend. Wozu solle man denn das „größte Sparpaket aller Zeiten“ heute schon präsentieren, fragte Pröll allerdings rhetorisch. „Vor dem ersten Jänner könnten wir es ja eh nicht einführen.“ Qualität habe den Vorrang vor Tempo, jetzt sei die Zeit der Verhandlungen, der Ferienzeit zum Trotze: „Wir werden auch im Sommer hackeln, was das Zeug hält.“

Aber auch für eine bewusste Drosselung des Tempos sieht Pröll offenbar gute Gründe. Österreich habe bei Schuldenquote, Defizit und Arbeitslosenrate deutlich bessere Werte als die meisten anderen EU-Mitglieder. Wenn alle Länder gleichzeitig heftig zu sparen beginnen, könnte das den zarten Aufschwung abwürgen, weshalb die Europäische Zentralbank (EZB) eine stufenweise Umsetzung fordert. Österreich, so klang es durch, müsse dabei ja nicht auf der ersten Stufe stehen.

AUF EINEN BLICK

Die Regierung bot den Oppositionsparteien eine Vorverlegung der Budgetrede vom 9. auf den 1. Dezember an. Das ist FPÖ, BZÖ und Grünen zu wenig. Sie beharren auf dem gesetzlich vorgesehenen Stichtag, dem 22. Oktober, und drohen mit Protesten wie einer wöchentlichen Nationalratssondersitzung im Sommer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2010)

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