Auf dem Grinzinger Friedhof, wo viele Berühmtheiten begraben sind, fand am Dienstag die Totenfeier für den verstorbenen Sammler statt. Dem Sammler gebühre Respekt und ehrendes Gedenken, mahnte Seipel.
Es hält der blaue Tag für eine Stunde auf der Höhe Rast“, ein Hesse-Gedicht ziert die Parte des Sammlers Rudolf Leopold, der am 29. Juni im 86.Lebensjahr verstorben ist. Auf der Höhe liegt auch der Grinzinger Friedhof, wo viele bekannte Persönlichkeiten begraben sind, von „Krone“-Herausgeber Hans Dichand, der am 17. Juni starb, bis Thomas Bernhard. Dienstagvormittag fand hier Rudolf Leopold seine letzte Ruhestätte, begleitet von seiner Frau Elisabeth, den drei Kindern, Enkeln.
„Unbeirrt von Kritik, jenseits gesellschaftlicher Anpassung“ habe der Sammler seine Ziele verfolgt, sagte der frühere Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums (KHM), Wilfried Seipel, in seiner Rede. Leopold sei nicht nur Augenarzt und Kunstexperte gewesen, er spielte auch ausgezeichnet Klavier, wollte Dirigent werden, liebte das Wandern, war ein Familienmensch.
Ein Besuch des KHM sei ausschlaggebend für Leopold gewesen, sich dem Sammeln von Bildern zuzuwenden. Mit „starkem, unbeugsamem Willen“, so Seipel, baute er seine Sammlung auf, die der Staat zu einem Teil ihres Wertes in den Neunzigern erwarb – und die sich im Leopold Museum im MQ befindet.
Dem Sammler gebühre Respekt, ehrendes Gedenken, seine großartige Leistung sei aber auch Verpflichtung für die Zukunft, mahnte Seipel. Hier könnten sich Probleme ergeben. Das Leopold Museum, dessen museologischer Direktor Rudolf Leopold war, musste laut ORF zuletzt Kredite aufnehmen, um Defizite abzudecken. Außerdem gibt es Restitutionsforderungen, für deren Befriedigung Bilder verkauft werden sollen. Ein Deal um die seit elf Jahren in den USA beschlagnahmte „Wally“ von Schiele stehe unmittelbar bevor, meldete „Die Presse“, aber auch „The Art Newspaper“. 20 Mio. Dollar soll die Leopold-Stiftung für „Wally“ geboten haben.
Wiens Bürgermeister Häupl würdigte beim Begräbnis den Sammler als „Schöpfer eines Gesamtkunstwerks“, Sektionschef Helmut Moser (Bildungsministerium) nannte ihn „einen Freund und Bruder“, der Grinzinger Pfarrer Hubert Ritt „einen Freigeist“. Mitten in dem von Touristen überrannten Weinort verwahrte Leopold vor der Gründung der Stiftung in den Neunzigern in seinem Haus tausende kostbare Bilder, vor allem Schiele, Klimt, von denen er Besuchern stundenlang unerhört detailreich erzählen konnte. Das Wiener Gesellschaftsleben ist voll mit Leopold-Anekdoten, zum Beispiel, wie er den früheren Wissenschaftsminister Erhard Busek spontan aufsuchte, seinen Rucksack auf dessen Schreibtisch stellte und nicht begriff, warum ein Minister nicht stundenlang Zeit für Kunstgespräche hat.
Etwa 200 Leute waren beim Begräbnis. Museumsdirektoren wie Sabine Haag (KHM), Edelbert Köb (Mumok), Wolfgang Waldner (MQ), Künstler wie Robert Hammerstiel oder Linde Waber erwiesen dem Sammler die letzte Ehre – der nach der ersten Sammlung, die er verkaufte, eine zweite anlegte, die ebenfalls sehr wertvoll sein soll.
ZUR PERSON
■Rudolf Leopold (1925–2010) sammelte vorwiegend Kunst des 19./20. Jhs. und war Schiele-Spezialist. Die Sammlung enthält über 5000 Werke und ist im Museumsquartier zu sehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2010)