Evakuierung

Kommandant von US-Flugzeugträger schlägt wegen Corona Alarm

APA/AFP/Navy Office of Informati
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Captain Brett Crozier, USS „Theodore Roosevelt", will sein Schiff, das isoliert vor Guam liegt, wegen Coronafällen räumen lassen. Die Lage würde sich an Bord unbremsbar verschlimmern. Die Marineführung und Verteidigungsminister Esper lehnen eine Evakuierung ab.

Der Kommandant des vom Coronavirus betroffenen US-Flugzeugträgers USS „Theodore Roosevelt", der seit Ende voriger Woche vor der US-Besitzung Guam (Westpazifik) liegt, hat in einem dramatischen Brief Alarm geschlagen. "Wir befinden uns nicht im Krieg. Es müssen keine Seeleute sterben", schrieb Captain Brett Crozier laut Medienberichten vom Dienstag an die Führung der US-Marine; schon zuvor hatten militärische Fachmedien darüber berichtet.

Die Ausbreitung des Virus an Bord des Kriegsschiffes mit mehr als 5000 Besatzungsmitgliedern und fliegendem Personal dauere an und beschleunige sich. Zuletzt war von mindestens 150 bis 200 Fällen die Rede, aktuelle Zahlen gibt es nicht. Es soll aber noch keinen wirklich lebensbedrohenden Fall geben.

Crozier wies in einem Brief an die Marineführungsstäbe für den Pazifik sowie an die Zentrale im Pentagon in Washington laut "San Francisco Chronicle" und "New York Times" darauf hin, dass es an Bord eines Kriegsschiffs notgedrungen beengt zugehe, es gemeinsame Bäder, Sanitäreinrichtungen, Speisesäle und Gruppenschlafquartiere gebe und man die Regeln des Social Distancing also einfach nicht umsetzen könne.

Hinweis auf Causa „Diamond Princess"

Einige wenige der Erkrankten wurden in Guam zwar schon an Land gebracht. Captain Crozier, ein Kalifornier, der 1992 an der Marineakademie graduiert hatte, lange Marineflieger war und die rund 100.000 Tonnen Wasser verdrängende Roosevelt im Vorjahr übernahm, drängt in dem Schreiben aber darauf, dass 90 Prozent seiner Leute an Land und dort in Quarantäne sollten. Dabei verwies er auf den bekannten Fall des britischen Kreuzfahrtschiffs „Diamond Princess", das im Februar im Hafen von Yokosuka (Japan) wegen Corona an Bord zwei Wochen unter Quarantäne gestellt war. Bis man die Leute letztlich von Bord brachte, waren von den 3600 Menschen etwas mehr als 700 nachweislich erkrankt. Crozier verweist nun auf Studien, wonach eine rasche Evakuierung des Kreuzfahrtschiffes, wo die Möglichkeiten zur Isolierung vor allem der Passagiere in Relation zu einem Flugzeugträger weit einfacher sind, nur zu 70 bis 90 Erkrankungen geführt haben würde.

U.S. Navy

"Die Mehrheit der Besatzung eines Atomflugzeugträgers im Einsatz von Bord zu nehmen und zwei Wochen lang zu isolieren, mag wie eine außerordentliche Maßnahme erscheinen", schrieb der Kommandant weiter. "Es ist aber ein notwendiges Risiko."

Im Ernstfall einsatzbereit

Zehn Prozent der Besatzung brauche man für den notwendigen Betrieb etwa der Reaktoren, und für Sicherheitsmaßnahmen. Im Ernstfall etwa eines bewaffneten Konflikts sei man allerdings ungeachtet der Krankheitswelle einsatzbereit, ergänzte der Captain.

Die Roosevelt ist einer von elf großen Trägern der USA. Auf Guam ist ein US-Stützpunkt. Dort gibt es aber nicht ausreichend Betten für alle Besatzungsmitglieder des riesigen Schiffes. Der Chef der US-Pazifikflotte, Admiral John Aquilino, möchte daher einen anderen Weg einschlagen: Es solle, wie das Magazin „Stars and Stripes" berichtet, jeweils nur ein bestimmter Anteil der Besatzung - Prozentangaben gab es vorerst keine - von Bord gelassen und 14 Tage in Isolation gesteckt werden. Dafür werde man Hotels requirieren und eventuell ein Zeltlager aufbauen. Nach Ablauf der Zeit werde man wieder einen Teil von Bord holen und die vorherige Gruppe, sofern gesund, an Bord schicken.

US-Verteidigungsminister Mark Esper sieht indes keine Notwendigkeit, den Flugzeugträger zu evakuieren. "Wir transportieren eine Menge Hilfsgüter, medizinische Hilfe, zum Träger in Guam. Wir stellen zusätzliches medizinisches Personal zur Verfügung", sagte Esper dem Sender CBS News und fügte hinzu, dass kein Besatzungsmitglied ernsthaft erkrankt sei.

Erste Fälle vorige Woche

Auf der Roosevelt waren Anfang vergangener Woche zunächst drei Seeleute positiv auf das Coronavirus getestet worden. Der Träger hatte vor Guam seinen zuvor letzten Stopp in Vietnam. Ob sich die ersten Marinesoldaten dort ansteckten, ist aber unklar.

Bis Dienstag hatte die US-Marine neben der Roosevelt noch drei weitere Schiffe mit Coronafällen: nämlich das amphibische Angriffsschiff „Boxer", es liegt vor San Diego, das Küsten-Kampfschiff „Coronado" (ebenfalls San Diego) und den Zerstörer „Ralph Johnson" (Everett, Staat Washington). Dort sind insgesamt bisher mehrere Dutzend Mann erkrankt.

Ängste auf australischem Kriegsschiff

In Australien wiederum könnte das Virus eine mehrmonatige Übungsfahrt der HMAS „Adelaide", eines amphibischen Angriffsschiffs/Hubschrauberträgers der „Canberra"-Klasse, vereiteln. Die Adelaide hat etwa 360 Mann Stammbesatzung und kann zuzüglich etwa Marineinfanterie maximal 1600 Mann aufnehmen.

Erkrankungen gab es an Bord zuletzt zwar noch nicht, allerdings hatten Offiziere und Mannschaften Ängste geäußert, zu einem Fall ähnlich der Roosevelt zu werden. Die Übungsfahrt solle unterdessen wie geplant dieser Tage beginnen, hieß es zuletzt.

(APA/AFP/Greber)

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