Marginalie: Ein römischer Coup stört die Sommerruhe

Ernennungen während Ferien haben genau einen Sinn: Kritik klein zu halten.

Als Paul Iby, Noch-Bischof in Eisenstadt, am Mittwoch vom Nuntius zu ihm nach Wien in die Theresianumgasse gerufen wurde, wussten bereits so gut wie alle, wer Nachfolger an der Spitze der Diözese werden wird. Papst-Botschafter Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen hatte also dem 75-jährigen, besonders im Burgenland sehr beliebten Seelsorger nichts wirklich Neues mehr zu berichten.

Ägidius Zsifkovics, Sekretär der Bischofskonferenz, war definitiv nicht Wunschkandidat Ibys. Ob sich der Bischof während der Autofahrt nach Wien an den Beginn seiner Amtszeit erinnert hat? Parallelen gibt es: Auch 1992 ernannte der Papst (Johannes Paul II.) den neuen burgenländischen Bischof ausgerechnet in der Ferienzeit (wenngleich es damals nicht wie jetzt die Sommer-, sondern die Weihnachtsferien waren). Auch damals wollte der Vatikan durch die Wahl des Zeitpunkts möglichst wenig Kritik an der Personalentscheidung provozieren. Ferien sind gemeinhin eben auch dadurch charakterisiert, dass sich viele potenzielle Querschießer wie Priester, Universitätsprofessoren und Laienmitarbeiter auf Urlaub befinden. Und es gibt eine weitere Parallele zwischen Sommer 2010 und Winter 1992: Paul Iby galt nicht gerade als der Wunschkandidat des damaligen Bischofs Stephan László.

Befragungen von Diözesanmitarbeitern gab es gleichfalls hier wie da. Diesmal überrascht aber das Tempo: Zwischen der vom Nuntius vorgenommenen schriftlichen Befragung unter burgenländischen Mitarbeitern über mögliche Kandidaten für das Bischofsamt und der Ernennung selbst liegt knapp mehr als ein Monat. Das entspricht nach bisherigen vatikanischen Usancen ungefähr einer Millisekunde.

Im Vatikan war bekannt, dass zuletzt im Burgenland vermehrt Proteste gegen eine Beförderung von Zsifkovics erhoben wurden. Auch der Nuntius soll persönlich über Vorbehalte informiert worden sein. Zsifkovics, bis heute auch Pfarrer in Wulkaprodersdorf, wird vorgeworfen, kaum Kontakt zum Klerus der Diözese gesucht, an Studientagen und Sitzungen höchstens sporadisch teilgenommen zu haben. Viele Priester haben außerdem den alles andere als straffen Führungsstil Ibys liebgewonnen. Sie fürchten nun, dass der Neue die Zügel anziehen wird, um die Diözese „auf Linie“ zu bringen.

War die Befragung im Burgenland also nutzlos, weil die Entscheidung feststand? Für den Vatikan nicht. Der Kurie wurde klar, dass rasch zu handeln war. Auch das Kirchenrecht kennt den Begriff Gefahr im Verzug.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2010)

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