Rezession

Die große Corona-Depression

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Die Pandemie lässt die Weltwirtschaft so steil abstürzen wie zuletzt in den 1930er-Jahren. In Österreich droht ein Minus von sieben Prozent. Frühestens 2021 geht es aufwärts, Narben bleiben jedenfalls.

Wien. Wer dachte, mit der globalen Finanzkrise 2008/09 den größten Wirtschaftseinbruch seines Lebens bereits hinter sich zu haben, hat sich leider getäuscht. Ein gutes Jahrzehnt später müssen Staaten überall auf der Erde das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben einfrieren, um die Ausbreitung des gefährlichen Coronavirus einzudämmen. Damit lösen sie aber auch das größte Schrumpfen der globalen Wirtschaft seit der Großen Depression in den 1930er-Jahren aus, sagt der Internationale Währungsfonds (IWF). Er prognostizierte am Dienstag ein Minus von drei Prozent. Noch vor wenigen Wochen hatten dieselben Ökonomen mit einem Plus von 3,3 Prozent gerechnet (siehe Grafik). In der Finanzkrise stagnierte die globale Wirtschaftsleistung dank stabiler Schwellenländer lediglich bei minus 0,1 Prozent.

„Die Krise ist wie keine andere zuvor“, sagte IWF-Chefökonomin Gita Gopinath. Erstmals in fast hundert Jahren seien Industrienationen und Schwellenländer zeitgleich von einem Abschwung dieser Größe betroffen. „Und wie in einem Krieg wissen wir nicht, wie lang es noch dauern wird.“ Eines ist allerdings heute schon klar: Die Chancen auf eine kurze Corona-Rezession sind relativ klein. Und selbst dann wird die Krise tiefe Narben hinterlassen.

Keine Wirtschaft ist immun

Anders als in den meisten Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahrzehnte kommt an der Coronakrise kein Land vorbei. Am stärksten schlägt sich der Einbruch laut IWF mit minus 6,1 Prozent bei den Industrienationen nieder. Europa leidet besonders stark unter den Reisebeschränkungen für Touristen. Die Krisenherde Italien und Spanien werden eine Rezession im zweistelligen Prozentbereich nur knapp verpassen.

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Aber auch Deutschland und Österreich müssen sich auf einen BIP-Rückgang von sieben Prozent einstellen. Vor zwei Wochen rechneten heimische Wirtschaftsforscher noch mit einem Minus von maximal 2,5 Prozent. Im Vergleich mit anderen Staaten fährt Österreich seine Wirtschaft zwar relativ schnell wieder hoch, doch gerade die exportierenden Betriebe werden noch lang an mangelnder Nachfrage auf den internationalen Märkten nagen. Große Schwellenländer wie China und Indien können eine Rezession vermeiden, aber auch sie sind weit entfernt von ihren üblichen Wachstumsraten.

2021 und das Prinzip Hoffnung

Mindestens so deutlich wie der Absturz wird nach Meinung der IWF-Ökonomen aber die Erholung im folgenden Jahr sein, wenn die globale Wirtschaft laut Prognose um 5,8 Prozent wachsen soll. Es wäre der stärkste Anstieg der Wirtschaftsleistung seit den 1980er-Jahren. Selbst Österreich wäre mit Plus 4,5 Prozent schon bald wieder auf der Gewinnerseite. Damit diese tröstliche Vorstellung Realität wird, muss allerdings so gut wie alles nach den Plänen der Wirtschaftsforscher laufen: Die Coronakrise müsste Mitte 2020 langsam ihren Schrecken verlieren, Fabriken und Händler ihre Pforten wieder öffnen, der globale Handel wieder Tritt fassen. Und am wichtigsten: Covid-19 feiert weder heuer noch im nächsten Jahr ein Comeback. Ansonsten sind die Prognosen von heute spätestens im Herbst bereits wieder Makulatur.

Milliardenhilfen unumgänglich

Mitentscheidend dafür, wie tief die Rezession morgen werde, seien die Entscheidungen der Politik heute, so der IWF. Die Milliarden-Hilfspakete der Regierungen und Notenbanken seien notwendige Erste-Hilfe-Maßnahmen, um die Folgen des Schocks zu lindern. Und sie müssten mit Fortdauer der Krise rasch und entschlossen aufgestockt werden. Die USA geben bereits über zehn Prozent der Wirtschaftsleistung für Corona-Hilfen aus, Deutschland 4,5 Prozent, Japan mehr als ein Fünftel. Ein rapider Anstieg der Staatsschulden ist die logische Folge, für den IWF aber kein Grund zur Sorge. Solange die Zinsen niedrig bleiben und die erhoffte Erholung kommt, würden die Schulden wieder sinken.

Tiefe Narben werden bleiben

Die langfristigen Folgen der Corona-Rezession werden auch abseits höherer Schuldenstände sichtbar sein. Die Arbeitslosigkeit wird nicht so rasch sinken, wie sie gestiegen ist. Die Unsicherheit wird bleiben, was den Konsum vieler Menschen dämpfen könnte. Die Krise dürfte die Welt selbst in der Idealvariante neun Billionen Dollar kosten. Mehr als Deutschland und Japan in einem Jahr gemeinsam erwirtschaften. Am Ende des erhofften Rekordjahres 2021 stünde die Welt immer noch schlechter da als 2019.

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